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Digital In Arbeit

Randbemerkungen eines engagierten Christen

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Der Verfasser ist ärztlicher Direktor i. R. des A llge-meinen Krankenhauses Wien und A utor sozialmedizinischer Schriften.

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Der Verfasser ist ärztlicher Direktor i. R. des A llge-meinen Krankenhauses Wien und A utor sozialmedizinischer Schriften.

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Vor kurzem fiel mir ein Mitteilungsblatt von katholischen Hochschülern in die Hand, das dem Thema Religion gewidmet war. Darin steht der Satz: „Jesus ja - Kirche nein?”

Ich greife ihn heraus, weil sich darin so ziemlich der Geist des ganzen Heftchens widerspiegelt und weil er darüber hinaus eine Einstellung ausdrückt, die auch sonst unter Katholiken heute teils unterschwellig, teils offen und deutlich vertreten wird.

Wenn man sich erinnert, wie kraftvoll die Kirche nach dem letzten Kriege aufblühte, wie hoch ihr Ansehen auch in fremden Lagern stand und wie scharf ihr heute nach einem Wort von Kardinal König der Wind ins Gesicht bläst, sollte dies jedem Katholiken ständig zu denken geben, denn zweifellos haben die Katholiken seJbst zu dieser „mutatio rerum ihr gerütteltes Maß beigetragen.

Es ist in diesem Rahmen nicht möglich, das Phänomen in seiner ganzen Breite aufzurollen, aber zwei markante Züge verdienen eine gesonderte Hervorhebung. So ist es Mode geworden, in einer Weise Selbstkritik zu üben, die weniger einer ehrlichen Gewissenserforschung als einer ma-sochistischen Selbstzerflei-schung gleicht.

Der Wert solcher Selbstanklagen ist um so zweifelhafter, als es dabei nicht um eigene Sünden, sondern hauptsächlich um den Bodensatz menschlicher Schwächen und Fehler verflossener Generationen geht. Da die alten Klischees aus dem finsteren Mittelalter nicht mehr genügen, werden vielfach auch sozialkritische Themen aus jüngerer Zeit gewählt, wie etwa der Anteil der Kirche am Kolonialismus, Antisemitismus, Kapitalismus, repressiven Gesellschaftsformen usw.

An sich gibt es keinen Grund, historische Verfehlungen zu verschweigen oder zu beschönigen, im Falle der Kirche um so weniger, als die Aktiva haushoch die Passiva überragen. Welche Institution in der Weltgeschichte hätte ein vergleichbares Maß an karitativen, sozialen, pädagogischen, künstlerischen, kurzum humanitären und kulturellen Leistungen aufzuweisen wie die katholische Kirche?

Daran zu erinnern, ist weder ein Akt des Hochmutes noch Stolzes, sondern ein Akt der geschichtlichen Wahrheit und Gerechtigkeit, der um so mehr angebracht erscheint, als die publizistische Demontage an der Kirche zu einer ungerechtfertigten Verdunkelung ihres

Bildes in der Öffentlichkeit, zumal auch unter den Katholiken selbst, geführt hat.

Nicht weniger eklatant und bedauerlich erscheint ein anderer Zug des heutigen Katholizismus, gleichfalls eine „Errungenschaft” der jüngsten Ära. Ein alter Traum der Kirchengegner nähert sich seiner Erfüllung: die Kirche zu spalten in zwei Lager, zwei Klassen, Herrschende und Beherrschte, die Amtskirche und das Kirchenvolk, die einander kontrastierend gegenüberstehen.

Jedenfalls gewinnt man diesen Eindruck, wenn man die mehr oder minder anmaßenden an Papst und Bischöfe gerichteten Beschlüsse, Resolutionen, Initiativen usw. diverser Räte, Gruppen oder auch Einzelpersonen liest. Daraus leitet sich der Schluß ab, daß man Kirche mit politischer Partei oder einem beliebigen Verein gleichsetzt, wo Statuten mit demokratischen Spielregeln festgelegt werden.

Statt Verständnis in der Welt für die Kirche zu wecken, wie es- das Anliegen des Konzils war, will man anscheinend zunächst einmal die Amtskirche „von der Basis her” katholisch machen. Da liegt wohl ein fundamentaler Irrtum vor.

Christus hat die Kirche weder als Demokratie noch als Diktatur gestiftet, sondern als lebendigen Organismus, corpus Christi mysticum, wie das unverrückbare Selbstverständnis der Kirche lautet. Ein Leib also, in dem alle Glieder gleichwertig, in ihrer Funktion aber vom Haupt her, Christus, verschieden sind.

Schlußfolgerung: 1. Mehr natürliches Selbstbewußtsein und Selbstvertrauen als Mitglieder und Zeugen gerade dieser Kirche zeigen!

2. Mehr Gemeinschaftsbewußtsein, sentire am ecclesia, und Abwehrhaltung gegen alle Tendenzen einer inneren Spaltung!

„Mißbrauch von ÖGB-Geldern”

Der Präsident des österreichischen Gewerkschaftsbundes, Anton Benya, ist in der Öffentlichkeit wiederholt für die Nutzung der Atomenergie und die Inbetriebnahme des Atomkraftwerkes Zwentendorf eingetreten. Wir wissen, daß sich Präsident Benya mit dieser. Haltung auf Beschlüsse des ÖGB-Bundesvorstandes stützen kann.

Wir teilen in diesem Zusammenhang mit, daß wir weder mit der Vorgangsweise des ÖGB-Bundesvorstandes und führender Funktionäre noch mit deren Haltung in dieser Frage einverstanden sind bzw. uns vertreten fühlen.

Wir rufen in Erinnerung, daß die ÖGB-Führung es bislang unterlassen hat, eine dem Problembereich angemessene und ausgewogene Information und Diskussion innerhalb des ÖGB zu organisieren. Vielmehr müssen wir feststellen, daß die ÖGB-Führung des längeren - schon über Jahre hinweg -eine massive, einseitige und manipula-tive Informationspolitik für die Nutzung der Atomenergie mit den Beitragsgeldern aller Mitglieder durchführt.

Wir sehen darin einen groben Mißbrauch nicht nur der Mitgliedsbeiträge, sondern auch der Loyalität und des Vertrauens von ÖGB-Mitgliedern, die gegen die Nutzung der Atomenergie sind . ..

Diese Resolution wurde am 23. Juni in einer Betriebsversammlung von allen Kolleginnen und Kollegen der Bundeshandelsakademie und Bundeshandelsschule Bad Ischl einmütig beschlossen und unterschrieben. H. R. Dopplinger (und weitere 27 Unterschriften) 4820 Bad Ischl

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