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Reagans „Einsager"
Ronald Reagan hat seinen eigenen Führungsstil im Weißen Haus entwickelt. Er entscheidet zwar über die Grundzüge der Politik seiner Administration, die Detailfragen aber überläßt er Mitarbeitern. Umso wichtiger ist ihre Funktion, umso wichtiger ist aber auch das Wissen um ihren politischen Standort.
Ronald Reagan hat seinen eigenen Führungsstil im Weißen Haus entwickelt. Er entscheidet zwar über die Grundzüge der Politik seiner Administration, die Detailfragen aber überläßt er Mitarbeitern. Umso wichtiger ist ihre Funktion, umso wichtiger ist aber auch das Wissen um ihren politischen Standort.
Im Laufe seiner politischen Karriere hat Ronald Reagan eine eigene Formel für seinen Führungsstil entwickelt, an die er sich auch als Präsident der Vereinigten Staaten konsequent hält: Man kann sich nicht in alle möglichen
Detailfragen verstricken und gleichzeitig effektiv regieren!
Für seine Mitarbeiter und Berater im Weißen Haus, aber auch in den verschiedenen Ministerien bedeutet das zweierlei. Sie haben sich um die ganze Kleinarbeit im politischen Entscheidungsprozeß zu kümmern, um die Detailprobleme, für die der Präsident an einem normalen Arbeitstag von 9 bis 17 Uhr ohnedies keine Zeit zu näherer Beschäftigung finden würde.
Sehr wohl bestimmt Reagan hingegen die Richtung und die Grundzüge der Politik seiner Regierung. Aber auch hier fällt den
Mitarbeitern eine wesentliche Funktion zu: Reagan ist kein Politiker, der nicht mit sich reden läßt, der glaubt, von vorneherein alles zu wissen. Er hört auf die Vorstellungen und Vorschläge seiner Berater, bildet sich dann seine eigene Meinung und gibt sodann die politische Richtung an.
Diese Berater sind indessen keineswegs alle aus demselben Hartholz geschnitzt, wie bestimmte politische Kreise etwa in Europa nur allzu gerne glauben. In und um das Weiße Haus haben sich doch zwei ziemlich eindeutig unterscheidbare Lager gebildet.
Sie wissen sich zwar beide mit den politischen Grundzielen des Präsidenten mehr oder weniger einig (ein militärisch starkes und geachtetes Amerika; ein geregeltes, aber keineswegs unterwürfiges Verhältnis zur gegnerischen Supermacht Sowjetunion, um letztlich im Rüstungskontroll-Bereich doch wieder etwas voranzukommen; die Eindämmung des Marxismus in Zentralamerika; wirtschaftliches Wachstum ohne Inflation; die Beschneidung der Rolle der Bundesregierung im Leben der US-Bürger). Aber über das Wie, über die Prioritäten und die Wege, die zu diesen politischen Grundzielen hinführen, gibt es doch beträchtliche Auffassungsunterschiede.
Man mag diese beiden Lager bezeichnen wie man will — „Falken" und „Gemäßigte"; „Ideologen" und „Pragmatiker" (siehe Kästen unten) — sie ringen um Macht und Einfluß im Weißen Haus. Ronald Reagan wiederum setzt sich diesem Widerstreit zur eigenen Entscheidungsfindung offensichtlich bewußt aus — und das wohl auch in Zukunft. Denn wie Reagan kurz nach seiner Wiederwahl mitteilte, will er so wenig Veränderungen wie möglich in seinem Team.
Dadurch, daß Reagan die Rüstungskontrolle zu einem Hauptanliegen seiner zweiten Amtszeit erklärt hat, scheint das gemäßigte Lager um Außenminister George Shultz in der günstigeren Position. Und die Ankündigung des Treffens Shultz-Gromyko Anfang Jänner in Genf zur Wiederanknüpfung des Abrüstungsdialogs ist ein deutliches Indiz dafür, daß die Pragmatiker bei Reagan derzeit mehr Gehör finden.
Das Zünglein an der Waage beim „Kampf um Reagans Seele" freilich scheinen zwei Personen zu spielen, deren Rolle in der Öffentlichkeit vielfach unterschätzt wird: Ronald Reagans Gattin Nancy sowie Vizepräsident George Bush (siehe außenstehende Beiträge).
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