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„Realistische Hoffnungen auf Zunahme der Leistungsfähigkeit“

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Die Universität für Bildungswissenschaften in Klagenfurt, Österreichs jüngste Universität, hatte Grund zum Feiern: Das Hauptgebäude der Universität wurde bezogen. Bei diesem Anlaß verlieh die Universität die Würde eines Ehrendoktors an Min. a. D. Dr. Theodor Piffl-Percevic und Dr. Josef Buttin- ger und die Würde eines Ehrensenators an Vizebürgermeister a. D. Dr. Hans Romauch.

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Die Universität für Bildungswissenschaften in Klagenfurt, Österreichs jüngste Universität, hatte Grund zum Feiern: Das Hauptgebäude der Universität wurde bezogen. Bei diesem Anlaß verlieh die Universität die Würde eines Ehrendoktors an Min. a. D. Dr. Theodor Piffl-Percevic und Dr. Josef Buttin- ger und die Würde eines Ehrensenators an Vizebürgermeister a. D. Dr. Hans Romauch.

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Ein wesentliches Ziel der Klagenfurter Universität ist erreicht worden, die Zeit der bisherigen Provisionen ist beendet. Bisher diente das „Studentendorf“ als Heimstätte vieler Institute. Die Universität hat heuer so viele Studenten aufgenommen, als für die erste Baustufe tatsächlich vorgesehen waren. Aus den 46 Studenten des Wintersemesters 1972/73 wurden heuer 812 Hörer in 15 Studienrichtungen. Fast 20.000 Quadratmeter Nutzfläche plante man für 40 Professoren, 160 Assistenten und 40 Personen der Verwaltung. Derzeit betreuen 32 Professoren und 52 Assistenten die Studierenden.

Die Universität hat mit diesem Gebäude, betonte Prorektor Prof. Peter Heintel, Jene äußere sinnlich wahrnehmbare Gestalt erreicht, die nötig erscheint, auch jene von der Existenz zu überzeugen, die bisher an ihr ge- zweifelt haben“. Und Zweifler gab es viele.

Während in der Amtszeit des Unter- »;’’htsmini«ters Piffl-Perčevič 1964 bis 196S die Pläne zur Hochschulgründung ktt ikrete Formen angenommen hatten, gaü es von manchen Seiten, auch von den Universitäten und Hochschulen, schwere Bedenken gegen eine Neugründung. Am 21. Jänner 1970 war es dennoch soweit: Der Nationalrat beschloß das Bundesgesetz über die Gründung der Hochschule. Ziel dieser Gründung war es, der allgemeinen Aufgabenstellung nach, durch Forschungs- und Entwicklungsarbeiten das Bildungswesen zu verbessern und durch Einrichtung ausgewählter Studien (Lehramtsstudien und Diplomstudien) zugleich an der Studienreform auf Hochschulebene mitzuwirken. Das Konzept der jüngsten Universität wurde auf bildungswissenschaftliche Grundlagenforschung und angewandte Bildungsforschung ausgerichtet.

„Damit war“, so zieht Gründungsrektor Prof. Walter Schäler heute Bilanz, „eine einzige Universitätsgründung, die noch dazu mit den üblichen Anfangsschwierigkeiten zu kämpfen hatte, bereits von vornherein überfordert.“ Deshalb erfuhr das Programm der Hochschulgründung gleich von Anbeginn an gewisse Abstriche.’ Exrektor Schöler skizziert die Gründe:

• Die Spannbreite der gesetzten Aufgaben war so groß, daß praktisch alles erfaßt werden sollte, was die Gesellschaft auf dem Bildungssektor an Innovationen zu leisten hätte.

• Es hat sich bei der Neugründung gezeigt, daß eine solche erst nach Durchlaufen einer Konsolidierungsphase ein echter Gesprächspartner für andere Institutionen sein kann.

• Bildungswissenschaftliche Forschungs- und Entwicklungsprogramme stoßen auf gesetzliche Barrieren. Es existiert an den Hochschulen der Freiraum für Entwicklungen, es fehlt aber die Freiheit des pädagogischen Experiments an Übungs- und Versuchsschulen.

Durch die Übernahme des Gründungsgesetzes in das 1975 beschlossene Universitäts-Organisationsgesetz - sie erfolgte gegen den Willen der Universität- sei lediglich, meintSchö- ler, die Zielrichtung geblieben: Orientierungspunkt ist die bildungswissenschaftliche Forschung und Lehre.

Geblieben ist allerdings auch - trotz gegenläufiger Bemühungen der Klagenfurter - der Beirat Österreichs jüngster Universität ist als einziger unter zwölfen ein Beirat zur Seite gestellt, der „mit Argusaugen“, betont der Slawist Alexander Issatschenko, über die Tätigkeit der Universität wacht. Prof. Marian Heitger, Wien, derzeitiger Beiratsvorsitzender, erklärt: „Wir können ohnehin nichts dreinreden. Unsere Aufgabe besteht nur in der wissenschaftlichen Beratung der Universität und in der Herstellung des Kontaktes zwischen ihr und dem Ministerium“.

„Die Universität ist sehr bemüht, ihre Aufgaben zu erfüllen“, verlautet Wissenschaftsminister Hertha Firnberg bei einer Pressekonferenz. „Die Erwartungen, die in diese Universität gesetzt wurden, haben ihre volle Bestätigung erhalten.“ Professoren aus Klagenfurt und auch die Rektoren-

konferenz sind hier anderer Meinung. In einem auf Wunsch der Klagenfurter verfaßten Memorandum der Rektorenkonferenz heißt es: „Die Universität für Bildungswissenschaften befindet sich… in einer doppelt widersprüchlichen Lage: Einerseits hat die Universität als Schwerpunkthochschule in einer Region ohne andere Universitäten gegensätzlichen regionalen und überregionalen Interessen nachzukommen; anderseits entwik- kelt sich die Hochschule in den Bereichen von Forschung und Lehre zur Zeit anders als die Gründungsintention es vorsah.“ Aus der Einrichtung als schwerpunktartiger Lehr- und Forschungsstätte folgt für die Klagenfurter Universität, fordert die Rektorenkonferenz weiter, der Ausbau des Bereiches „Bildungswissenschaften“. Er ist durch die Etablierung vor allem der Fächer Büdungsrecht, Bildungsinformatik, Bildungsverwaltung und -management, Bildungsplanung und -Politik voranzutreiben.

Realistisch sieht der derzeitige Rektor Josef Klingler die Situation der Universität. Sie konnte zwar bisher keine „übersteigerten Erwartungen erfüllen“ und werde solche auch in der Zukunft nicht erfüllen können. Die bisherige Entwicklung lasse aber die Gründung dieser Universität „sinnvoll erscheinen und berechtigt zur Genugtuung und zur realistischen Hoffnung, daß ihre Leistungsfähigkeit noch weiter zunehmen wird.“

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