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Recht auf Asyl?

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Die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte vom 10. Dezember Ji918isieht einen Anspruchsdes politisch -Verfolgten auf Asylgewährung in einem anderen Staat vor. Es'handelt sich also um ein subjektiv-öffentliches Recht des Flüchtlings, Asyl zu genießen.

Tatsächlich sind wir weit davon entfernt, daß ein solches Asylrecht 'völkerrechtlich oder gar innerstaatlich gesichert wäre. Man verweist oft auf die Genfer Flüchtlingskonvention von 1951, die aber mit Ausnahme Jugoslawiens (das sie sehr eigenwillig und keineswegs asylrechtsfreund-lich auslegt) von keinem kommunistischen Staat ratifiziert wurde.

Tatsächlich verbietet diese Konvention lediglich das „refoulement“, also die Zurückstellung von (politischen) Flüchtlingen an den Herkunftsstaat, damit diesen dort nicht Haft oder Kerker oder gar die Todesstrafe trifft. Der Konventionsflücht-ling hat aber keinerlei Anspruch auf Asylgewährung.

Manche Staaten, wie Österreich und die Bundesrepublik Deutschland, haben tatsächlich Asylrechtsgesetze erlassen, um die größten Härten zu mildern. Bis zum heutigen Tag ist Asylrecht ein Recht des Aufnah-, mestaates, Asyl zu gewähren oder es abzulehnen. Die tatsächliche Lage des Flüchtlings spielt dabei grundsätzlich keine Rolle.

Asylrecht ist also ein Ausfluß der Souveränität der Staaten, wie etwa die Verleihung der Staatsbürgerschaft. Diesem Übel suchte man bei den Vereinten Nationen nach langen Vorbereitungen durch die Einberufung einer Ministerkonferenz nach Genf (10. Jänner bis 4. Februar 1977) abzuhelfen.

Sie war ein nahezu totales Fiasko. Die Ostblockstaaten waren von vornherein gegen Asylgewährung an politische Flüchtlinge. Aber auch die arabischen Staaten waren gegen die sogenannten Ausschlußklauseln, die in Anlehnung an die Genfer Konvention von 1951 Asylgewährung an Personen ausschließen sollten, die sich des Terrorismus, besonders mit Bomben, oder Flugzeugentführung schuldig gemacht hatten.

Für viele arabische Staaten, aber auch für Israel und andere Länder ist Terrorismus ein rein politisches Delikt und der Terrorist also ein politischer Flüchtling, dem Asyl zu gewähren ist. Überhaupt taucht immer wieder die Frage auf, was unter einem politischen Flüchtling zu verstehen sei. Auch Österreich hat schon Flüchtlinge mit der Begründung zurückgewiesen, es handle sich um Militärdienstflüchtlinge oder Wirtschaftsflüchtlinge, womit solche Personen aber in den sicheren Tod geschickt wurden. Seit anderthalb Jahren hat sich das freilich wesentlich gebessert.

Wie schwierig solche Fragen zu beantworten sind, konnte man kürzlich bei der Debatte über das neue, sehr moderne und flüchtlingsfreundliche Asylgesetz der Schweiz sehen. Der Schweizer Nationalrat hat dieses Gesetz einstimmig angenommen, aber erst nach einer vom Bundesrat (= Regierung) geforderten Änderung, die die Schweiz in Ausnahmesituationen berechtigt, Flüchtlinge abzuweisen und Asyl zu versagen. Im Zweiten Weltkrieg und in den Jahren davor hat die Schweiz mit dem Argument „Das Boot ist voll“ Zehntausende politisch und rassisch Verfolgte des Dritten Reiches zurückgewiesen und damit indirekt in Tod und KZ gebracht. Das soll sich in Zukunft nicht wiederholen.

Wäre die Asylgewährung nicht so eng mit dem Problem des Terrorismus verbunden, wäre das Problem leichter lösbar. In den meisten Verfassungen von Ostblockstaaten gibt es zwar das Asylrecht als Grundrecht, dies aber nur, wenn dadurch jemandem Asyl gewährt wird, der Terrorist ist (Teilnahme an einem nationalen Befreiungskampf) oder als Verfechter sozialistischer Ideen verfolgt wurde. In den westlichen Staaten liegt die Sache eher umgekehrt.

Daß es Grenzen des Asylrechts und des Rechtes auf Asyl gibt, ist außer Zweifel - etwa eine Übervölkerung des angepeilten Aufnahmelandes wie zur Zeit in Malaysia, das wirklich sehr große Flüchtlingsströme aus Vietnam aufnahm, oder wenn Flüchtlinge Verbrechen gegen die Menschlichkeit begangen haben. Immerhin besteht begründete Hoffnung auf Fortsetzung der unterbrochenen Genfer Konferenz.

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