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Digital In Arbeit

Rechte der Frauen: Kampf mit Waffen anderer Art

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Minderheiten haben auch in unserer Demokratie ein zweifelhaftes Schicksal. Man gewährt ihnen eine Art Gnadenbrot, das vor Wahlen mit etwas fetteren Brocken gewürzt ist. Wechselwähler sind eben oft wahlentscheidend. Diese Brocken haben aber auch dann noch mehr optische als sonst irgendwelche Qualitäten aufzuweisen. Um die wahren Bedürfnisse der Stiefkinder kümmert man sich sogar guten Gewissens kaum, weil sie sich ja der Mehrheit anschließen könnten.

Nach genau denselben Regeln wird in unserem Lande erstaunlicherweise aber auch mit einer Mehrheit verfahren - mit den

Frauen. Die Diskriminierung von mehr als 50 Prozent der österreichischen Wähler ist immer noch beachtlich. Die Frau ist zwar ein immer begehrterer Mitarbeiter -der Anteil der Frauen an den Arbeitslosen ist auf 50,7 Prozent gesunken -, muß aber immer noch wesentlich mehr leisten als ein Mann, um dasselbe zu erreichen. Dafür gibt es genügend statistische Beweise, die anzuführen sich erübrigt, weil im Grunde niemand daran zweifelt.

So steht denn auch gerade jetzt im Parlament ein Gesetz über die Gleichberechtigung der Frauen zur Debatte, das wieder mehr optische als sonst irgendwelche Qualitäten aufweist. Jede Frau wird sich darauf berufen können, wenn sie gleichen Lohn wie ein Mann für gleiche Arbeit wünscht. Um diesen durchzusetzen, muß sie aber zum Arbeitsgericht, das ihr auch schon vor Einführung dieses Gesetzes offenstand. Das Gericht freilich wird sich nicht überarbeiten, solange Kollektivverträge gelten, die für Männer und Frauen für die gleiche Arbeit unterschiedliche Löhne fordern.

Versuchen wir der Sache auf den Grund zu gehen: Es gibt Unterschiede zwischen Mann und Frau, die sehr schwer wiegen. Der gewichtigste scheint mir der, daß Frauen Kinder bekommen können. Vielleicht neigen sie deshalb eher dazu, den Dingen auf den Grund zu gehen, vorsichtiger zu experimentieren. Männer dürften risikofreudiger, ihre Aktionen dürften mehr von einer Art Spieltrieb bestimmt sein.

Es ist noch nicht so lange her, da hatten Hausfrauen eine gesellschaftlich wichtige Position inne.

Über die Männer übten sie einen sehr gewichtigen Einfluß auf Politik und Geschäfte aus. Mit der zentralen Bedeutung von Haus und Herd aber ist es aus. Ein automatischer Haushalt mit ein, zwei Kindern ist für viele weder eine befriedigende Beschäftigung noch ein gesellschaftliches Zentrum. Nicht die Rolle der Frau hat sich deshalb geändert, nur ihr Betätigungsfeld ist ein anderes geworden. Das hat ohne Frage einen gewissen Lernprozeß erfordert.

Viele Frauen haben sich den männlichen Spielregeln angepaßt. Immer mehr aber zeichnet sich über alle politischen, weltanschaulichen Grenzen eine Art So-

lidarität der Frauen ab, die sich diesem Diktat nicht mehr unterwerfen. Es ist nämlich gar nicht Macht, nach der sie streben, auch nicht der Gewinn, der sie im Grunde interessiert. Wenn sie nicht unterdrückt werden wollen, so nicht, weil sie selbst unterdrük-ken wollen.

Wir Frauen sind gegen die Brutalität unserer Umgebung und werden uns gegen Gewalt mit immer größerem Erfolg wehren, weil uns zutiefst erschüttert, was Männern oft entgeht.

Ich habe gestern in Wien mit einer jungen Frau gesprochen. Sie war noch keine 18 Jahre alt, als sie in der Ordination eines Arztes schon nach der gesetzlich erlaubten Frist ein Kind abtreiben ließ. Sie stammte aus traurigen Verhältnissen und wollte dem Kind ein ähnliches Leben ersparen, hatte sich mit dieser Entscheidung aber sehr schwer getan. Das ließ sich der Arzt mit 8000 Schilling honorieren. Weitere 8000 Schilling nahm er dafür, daß er das Mädchen gleich auch sterilisierte, ohne sich für die Motive auch nur zu interessieren.

Fünf Stunden später stand die Frau benommen wieder auf der Straße. Das war vor etwa zwei Jahren. Heute arbeitet sie mit bewundernswerter Geduld und Geschicklichkeit mit schwererziehbaren Kindern. Sie denkt nicht daran, den verbrecherischen Arzt zu klagen, ihre Waffen sind anderer Art.

Als politische Kolumne soll dieser Beitrag durch Provokation zum Denken anregen. Die einzelnen Formulierungen des Autors müssen sich nicht mit den Auffassungen der Redaktion decken.

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