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Recycling spart Energie

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Papier- und Altglassamm-lungen werden zahlreicher. Daß die Wiederverwendung von Altstoffen nicht das Hobby von grünen Träumern, sondern wirtschaftlich wichtig ist, zeigt eine US-Studie.

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Papier- und Altglassamm-lungen werden zahlreicher. Daß die Wiederverwendung von Altstoffen nicht das Hobby von grünen Träumern, sondern wirtschaftlich wichtig ist, zeigt eine US-Studie.

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Recycling ist die englische Bezeichnung für alle Verfahren, die dazu dienen, Alt- und Abfallstoffe einer neuerlichen Verwendung zuzuführen. Vor etwa zehn Jahren ist dieser Begriff in der wirtschaftspolitischen Diskussion aufgetaucht. Damals wurden Energie und Rohstoffe teurer, wuchsen die Sorgen um unsere Umwelt. Man erkannte, daß die Wiederverwertung von Rohstoffen aus dem Müll einen Beitrag zur Lösung dieser Probleme darstellen könnte.

Mittlerweile sind uns die Papier- und Altglassammlungen vertraut. In Österreich werden derzeit in den Haushalten rund 55.000 Tonnen Papier gesammelt. Laut Auskunft der österreichischen Produktionsförderungsge-sellschaft wäre eine Verdreifachung dieser Menge durchaus realistisch. Daher ist Motivation zum Recycling wichtig.

Einen Beitrag dazu leistete das amerikanische „Worldwatch Institute" mit seiner neuesten Untersuchung:

William Chandler, Autor der Studie, konzentriert sich dabei auf die Wiederverwertung von Papier, Aluminium, Eisen und Stahl, weil diesen Stoffen besondere Bedeutung zukommt. Warum eigentlich?

Da ist zunächst der hohe Energieeinsatz, der für ihre Erzeugung erforderlich ist. So wandern allein in die Stahlindustrie rund 40 Prozent der Energie, die die gesamte Weltwirtschaf t verbraucht. Das entspricht etwa dem Energiegehalt des von Saudi-Arabien in einem Jahr erzeugten Erdöls.

Recycling könnte hier Abhilfe schaffen, denn die Umwandlung von Altstoffen kostet nur einen Bruchteil der Energie, die die Verarbeitung von Rohstoffen erfordert. Den Schätzungen der Untersuchung zufolge erscheinen Energieeinsparungen bis zu 50 Prozent bei Altpapier, bis zu 95 Prozent bei Aluminium und bis zu 65 Prozent bei Stahlschrott durchaus möglich.

Ein Blick auf österreichische Daten zeigt, daß solche Einsparungen gesamtwirtschaftlich interessant sein müßten: Denn auf die Papier-, Aluminium-, Eisen-und Stahlerzeugung entfallen 75 Prozent des industriellen Kohleverbrauchs. Bei Strom liegt der entsprechende Wert bei 40, bei Gas knapp unter 50 Prozent.. ■ Ein weiteres Merkmal der heute gängigen Verfahren in der Grundstoffindustrie ist ihre Umweltschädlichkeit. Auch in dieser Hinsicht bringt Recycling Vorteile: In der Stahlindustrie ließe sich beispielsweise die Luftverschmutzung um immerhin 30 Prozent, bei der Aluminium- und Papierherstellung sogar um 95 Prozent verringern!

Auch eine Reduzierung der Wasserverschmutzung hätte in diesen drei Sektoren besondere Bedeutung, sind sie doch etwa in Österreich mit 60 Prozent Hauptkonsumenten des industriell genutzten Wassers.

Schließlich ist noch die Verringerung des anfallenden Mülls als weiterer positiver Effekt des Recycling hervorzuheben. In manchen Städten gelang es, das Müllaufkommen durch Wiederverwertung auf 60 Prozent zu verringern. Allein die Aussonderung von Papier kann bis 30 Prozent weniger Müll bedeuten.

Bedenkt man, daß jeder von uns hierzulande mehr als 250 Kilo Abfälle pro Jahr produziert, jährlich also rund zwei Millionen Tonnen Mist in Österreich zu versorgen sind, erkennt man die Größe des Problems. In Österreich kostet die Deponierung derzeit 200 Schilling pro Tonne. Da die Kosten aber laufend steigen und außerdem international deutlich höher liegen (bis zu 1500 Schilling je Tonne), erkennt man leicht, daß wir ein wirtschaftliches Interesse daran haben sollten, kleinere Abfallberge zu erzeugen.

Energie- und Rohstoffeinsparung, geringere Umweltbelastung und Müllbeseitigungskosten sind also die Vorteile von Recycling.

Nun könnte man einwenden, daß Holz ohnedies immer wieder nachwächst, man daher nicht unbedingt so damit sparen müsse. Dies ist nur teilweise richtig, denn weltweit wird zu viel abgeholzt. Der Waldbestand verringert sich. Da zur Herstellung von Papier etwa 35 Prozent des Holzertrags der Welt verwendet wird — und der Anteil steigt —, ließe sich da einiges zum Besseren wenden.

Würde man nur die Hälfte des verwendeten Papiers wiederverwerten, könnten damit 75 Prozent des Weltbedarfs an Papier abgedeckt werden. Man könnte sich damit jährlich Schlägerungen im Ausmaß von fünf Prozent des europäischen Waldbestandes ersparen!

Im Ländervergleich erkennt man, daß die Anstrengungen beim Papier-Recycling sehr unterschiedlich weit gediehen sind. Führend sind Mexiko, Japan, die Niederlande und Spanien, also holzarme Länder. Sie decken zwischen 40 und 50 Prozent ihres Papierbedarfs aus Altpapier. Mit 46 Prozent gehört Österreich zur Weltspitze.

Um die Papiersammlung zu begünstigen, wurden unterschiedliche Vorgangsweisen gewählt. In Hiroshima etwa, wo im Vergleich zu 1976 rund 40 Prozent weniger Müll anfällt, wurde stark auf die Initiative privater Vereine (Studenten, Lehrer, Eltern) gesetzt. Sie wurden systematisch informiert und die bei der Müllbeseitigung eingesparten Kosten in die Aktionen investiert.

In den Niederlanden wiederum wurde — wie auch in einigen amerikanischen Städten — die Mülltrennung gesetzlich vorgeschrieben. Gleichzeitig wurde eine Abfallbörse eingerichtet, ein Ort, wo Anbieter und Nachfrager nach wiederverwertbaren Produkten zusammenkommen. Seit 1973 gibt es ähnliche Einrichtungen auf Landesebene auch in Österreich. Träger sind die Handelskammern.

Auch die Wiederverwertung von Aluminium macht weltweit Fortschritte. Sie wurde von den steigenden Energiepreisen sehr begünstigt, bedarf doch die Herstellung von Aluminium aus Bauxit zwanzig Mal so viel Elektrizität wie die Erzeugung aus Altaluminium. So wurden etwa in den USA 1972 nur 15 Prozent, 1981 jedoch 50 Prozent der Getränkedosen gesammelt.

Schätzungen zufolge müßten bis zu 80 Prozent des Metalls wieder zu verwerten sein. Allerdings sind alle Länder weit von dieser Traumgrenze entfernt: Am besten schneiden auch hier wieder die Niederlande (42 Prozent) ab. Sie liegen damit deutlich über dem Weltdurchschnitt von 28 Prozent. Österreich weist mit nur 15 Prozent einen für Industrieländer extrem niedrigen Wert auf.

. Derzeit laufen in den USA und in Schweden Versuche mit Apparaten, die Alu-Dosen zurückkaufen. In Schweden sollen 10.000 solche Geräte aufgestellt werden. Man erhofft sich davon den Rücklauf von 75 Prozent der Getränkedosen. Das ergäbe eine Menge, die dem Aluminiumimport des Landes entspricht.

Als besonders wirksam hat sich in den Vereinigten Staaten die gesetzlich vorgeschriebene Einhebung von Pfändern auch auf Aluminiumbehälter erwiesen. In den neun US-Staaten, in denen solche Regelungen gelten, kommt es -zu Rücklauf quoten von bis zu 95 Prozent (US-Durchschnitt von 54 Prozent).

Schließlich weist die Untersuchung auch auf ungenutzte Möglichkeiten bei der Verwertung von Eisen- und Stahlschrott hin. Allein die USA produzieren mit ihren Altautos jährlich so viel Schrott, daß damit vier Prozent der Weltstahlerzeugung bestritten werden könnten. Derzeit wird jedoch nur die Hälfte der gegebenen Möglichkeiten ausgenutzt.

Sogar der anfallende Schrott wird nicht genutzt. In den USA beispielsweise gibt es einen Rückstau von 680 Millionen Tonnen.

Um solches zu verhindern, sollten die Märkte für Altstoffe internationalisiert werden. Dann könnten die Entwicklungsländer verstärkt in solche Verfahren investieren, die für Recycling besonders geeignet sind.

Was müßte also geschehen, damit Recycling stärker zum wirtschaftlich sinnvollen Tun wird, nicht so sehr vom guten Willen der Beteiligten abhängt? Da fordert Chandler als wichtigste Maßnahme, daß Preisbegünstigungen bei Energie wegfallen und echte, alle volkswirtschaftliche Kosten wiedergebende Preise für Energie verlangt werden. Und ergänzen müßte man dies durch die Forderung nach stärkerer kostenmäßiger Berücksichtigung der Umweltbelastung, die in besonderer Weise von der Grundstoffindustrie ausgeht.

MATERIALS RECYCLING: THE VIRTUE OF NECESSITY. Von William Chandler, Worldwatch Paper 56.

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