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Reform mit Pannen

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„Was, schon wieder ein Buch über den Josephinismus?“ Der Verfasser gibt indirekt selber zu, daß man so fragen könnte, nachdem bereits so viel über das aufgeklärte österreichische Staatskirchentum zur Zeit Maria Theresias und Kaiser Josephs II. debattiert und geschrieben wurde. Hosp betont aber, daß er nur den sogenannten Spätjosephinismus und diesen nur auf einer vergleichsweise niedrigeren Ebene in seinen konkreten Erscheinungsformen und in den Gegenpositionen der Anti-josephiner, die zu einer teilweisen Uberwindung des staatskirchlichen Systems beitrugen, behandeln wollte. Was nun den weltanschaulichen Standpunkt des Autors betrifft, so ist dieser auch, wie billig, der des Rezensenten, dem der berühmte amerikanische Neuzeithistoriker Crane Brinton schon vor 20 Jahren zugestand, daß die Auffassung des Geschichtsschreibers des Josephinismus von seinem Kirchenbild bestimmt werde. Wie man also heute noch von betont katholischer Seite und noch dazu in dem ebenso weltanschaulich ausgerichteten „österreichischen Archiv für Kirchenrecht“ (Jahrgang 22, 1971, Heft 3) diese Art von Geschichtsschreibung als „ku-rial“ abtun zu müssen glaubt und als Gewährsmann den wohl für die Zeit Prinz Eugens, aber nicht für das Verhältnis Maria Theresias zu ihrem Staatskirchentum zuständigen Katholiken Braubach anführt, ist schwer einzusehen.

Im ersten Teil seines Werkes geht der Verfasser verhältnismäßig kurz zunächst auf die führenden Kirchenmänner jener Epoche, geordnet nach Diözesen, ein, wobei vor allem am Beginn seiner Darstellung Kardinal Fürst Schwarzenberg von Salzburg und Fürstbischof Galura von Brixen, später dann die eigentlichen Reformbischöfe Roman Zän-gerle von Graz-Seckau, Michael Wagner von St. Pölten und Gregor Ziegler von Linz hervorgehoben werden. Der ganz josephinisch eingestellte Fürsterzbischof Eduard Milde von Wien wird in gerechter Weise als pädagogischer Schriftsteller und — so wie auch Fürsterzbischof Augustin Gruber von Salzburg — als großer Katechet gewürdigt. Die Bedeutung des Fürstbischofs von Seckau-Graz, Joseph Othmar von Rauscher, in seiner kurzen Tätigkeit als Diöze-sanbischof, sowie die Rolle, die er in den Wiener Bischofsversammlungen und als Mittelsmann zwischen dem Episkopat und der österreichischen Regierung spielte, wird nur obenhin gestreift. Damals konnte niemand ahnen, daß 20 Jahre später, während des Ersten Vatikanischen Konzils im Hofbauer-Schüler, im beharrlichen Kämpfer für die Freiheit der Kirche und im Kontrahenten des Konkordates von 1855, Kardinal Rauscher, der von diesem bisher so energisch bekämpfte Josephinismus als Kampfmittel gegen die UnfehlMr-keit des Papstes fröhliche Urständ feiern würde (Vgl. Dr. E. Koväcs in der Festschrift für Prof. Loidl, 3. Band 1971).

Die Wiener Nuntien dieser Zeit, der bedeutende Severoli, an dem der österreichische Außenminister Ludwig Cobenzl mit Wissen und Zustimmung des Kaisers Franz sein Mütchen kühlte, als er gegen das staatliche Verbot mit den erbländischen Bischöfen in Verbindung treten wollte, und die weniger profilierten Nachfolger, wie Leardi, der in Wien starb, Ostini, der dann zu den Verhandlungen über den Abbau des Josephinismus ein zweites Mal nach Wien kam, ferner Graf Spinola und Fürst Altieri, werden in ihrer Tätigkeit in Wien nur kurz beschrieben. Der letzte in dieser Reihe, der hochbegabte Viale Prelä, der das Konkordat vorbereiten sollte, wird in dieser Darstellung nur am Rande erwähnt. Die kurzen Ausführungen des Verfassers über die österreichischen Monarchen und ihre Berater brauchen hier nicht mehr angeführt zu werden.

Im zweiten Teil des Buches, in dem Hosp die positive Reformarbeit schildert, wird besonders die Bedeutung des hl. Klemens Maria Hofbauer hervorgehoben, der vom Jahre 1808 bis zu seinem Tode, der 1820 erfolgte, als Prediger, Seelenführer und Beichtvater bis in die höchsten Gesellschaftskreise so segensreich wirkte, daß er als Initiator der kirchlichen Restauration, besonders in Wien, die allerdings schon von einigen Ex Jesuiten grundgelegt worden war, angesprochen werden kann. Im gleichen Sinne wirkte auch sein Orden, insbesondere durch die Predigttätigkeit einzelner prominenter Mitglieder, wie Emanuel Veith und Zacharias Werner, die aber später die Kongregation wieder verließen. Andere suchten das Landvolk durch sogenannte Missionspredigten im Stile der alten Jesuiten aufzurütteln, wobei es; gelegentlich zu unangenehmen, von der Polizei sorgfältig registrierten und nach oben gemeldeten Pannen kam, weil hie und da, besonders in Tirol einfache Leute die an der romanischen Rhetorik orientierten Höllenpredigten der Missionäre allzuwörtlich nahmen. Diese Volksmissionen wurden dann durch den geisterfüllten und dichterisch beschwingten Dr. Alois Schlör, der zuletzt am Priesterseminar zu Graz unter dem reformeifrigen Bischof Roman Zängerle mit größtem Erfolg tätig war, von den anfäg liehen Un-vollkommenheiten gereinigt, auf eine höhere Ebene gehoben und durch ihn in anderen Kronländern eingeführt. Es kam bisweilen auch vor, daß hochgestellte Gönner der Redemptoristen im Eifer für „ihren“ Orden etwas weit gingen und andere Mitarbeiter im Weinberg des Herrn benachteiligten, so wenn Baron Stifft, der Leibarzt des Kaisers Franz, diesen dazu bewog, den Jesuiten ein zweites Noviziat in Wien zu verweigern.

Der Autor zeigt dann in vielen Einzelheiten die fortschreitende kirchliche Reform des Gottesdienstes auf, die die staatliche Gottesdienstordnung Josephs II. mehr und mehr durchlöcherte. Sehr interessant sind dann die Ausführungen über das aszetische Schrifttum und die Gebetbuchliteratur des Vormärz, die den kirchlichen Aufstieg begleiteten, auf die auch in dieser etwas ausführlichen und durch eigene Forschungen ergänzten Rezension, die ohnehin schon zu lange geworden ist, nicht mehr weiter eingegangen werden kann.

Angesichts der gewaltigen Stofffülle, die besonders in diesem Teil der Darstellung vor dem interessierten Leser ausgebreitet wird, fallen kleinere Versehen, wie der Freiherr von Stein (statt vom St.), Zell an der Ziller (statt am Z.), die päpstliche Allokution vom 10. September 1837 (statt 10. Dezember), Hofkanzler Saurau (statt Oberster Kanzler S.) und ähnliches nicht ins Gewicht.

Ferdinand Maass

KIRCHE ÖSTERREICHS IM VORMÄRZ 1815—1850. Von Eduard Hosp. Verlag Herold, Wien, 1971, 415 Seiten, S 290.—.

Pausewang. Deutsche Verlagsanstalt, Stuttgart 1971. 240 Seiten, DM 22.—.

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Tom Ripley ist talentiert für viele Berufe, die eigentlich nur zwielichtige Beschäftigungen sind; daher wechselt er oft seinen Job. Da fällt ihm eine angenehme Reise nach Italien zu: er soll den dort malend vagabundierenden Dickie, einen weitläufig Bekannten von ihm, in dessen väterliches Geschäft zurückbringen. So wird Italien das Tummelfeld seiner Begabungen. — Die Autorin setzt subtile Lichter in die seelische Struktur eines genialen, amoralischen und doch kleinen Betrügers.

DER TALENTIERTE MR. RIPLEY. Roman von Patricia Highsmith. Aus dem Amerikanischen übersetzt von Barbara B ortfei dt. Diogenes-Verlag, Zürich, 1971. 328 Seiten.

Über die Erde hin und nicht zu halten ist die schöne Frau Helena; sie kommt und geht rätselhaft, fast unwirklich. Sie ist Glück und Kreuz des Architekten Ludwig Milner, Besitzer eines Landhauses zwischen

Bozen und Meran. Dorthin zieht er sich zurück; mit ihm drei Freunde, die sich dort immer wieder treffen. Viele Länder und Landschaften, viele seltsame Menschen, weise Randbemerkungen und Überlegungen des Dichters versammelt dieser Roman; er ist einer der besten.

ÜBER DIE ERDE HIN. Roman von Horst Wolfram Geisler. Ehren-wirth-Verlag, München, 1971. 341 Seiten.

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