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Reformgeprüfte Schüler

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Die neue AHS-Oberstufenre-f orm, die mit dem kommenden Schuljahr in Kraft tritt, wird vor allem für jene jetzt zwölf- und dreizehnjährigen Schüler, die ein realistisches Gymnasium abschließen wollen, Probleme bringen. Der Bildungsinhalt des bisherigen realistischen Gymnasiums - äußeres Kennzeichen; Latein 3. bis 8. Klasse, mehr Mathematik in der Oberstufe als im derzeitigen humanistischen beziehungsweise neusprachlichen Gymnasium, Darstellende Geometrie in der 7. und 8. Klasse -kann wegen der Oberstufenre-

form in Zukunft nur erreicht werden, wenn der Schüler zuerst die Unterstufe des Gymnasiums und dann die Oberstufe des Realgymnasiums besucht. „Das ist“, soder Vizepräsident und Schulexperte des Katholischen Familienverbandes Österreichs (KFÖ), Walter Kinscher, „ein Typenwechsel, für den laut Paragraph 25 Schulunterrichtsgesetz (SCHUG) eine Prüfung notwendig ist.“

Eltern und Kinder haben sich zu einem Zeitpunkt für das realistische Gymnasium entschieden, zu dem sie nicht wissen konnten, daß durch die Reform der Oberstufe der allgemeinbildenden höheren Schule (AHS) ein Formenwechsel und deswegen eine Prüfung ver-

langt wird.

Das Problem ist im Unterrichtsministerium bekannt. Dennoch gelang es noch immer nicht, auch nicht bei einem vorweihnachtlichen Gespräch zwischen den Koalitionsparteien, eine sinnvolle Lösung zu finden. Unter anderem anscheinend deswegen nicht, weil die SPÖ durch eine Abschaffung der Ubertrittsprüfung de facto jene Einheitsunterstufe herbeiführen will, die zu realisieren ihr bei der 11. Novelle des Schulorganisationsgesetzes (SCHOG) nicht gelungen ist.

Der KFÖ fordert, daß Eltern, deren Kinder in die 1. oder 2, Klasse einer AHS gehen oder damit beginnen, sowie die Schüler selbst ausreichend über die neue Situation informiert werden. Darüber hinaus muß durch eine Änderung des Paragraphen 29 Absatz 5 SCHUG eine zeitlich befristete Regelung für jene Kinder getroffen werden, die derzeit eine 3. oder 4. Klasse des realistischen Gymnasiums besuchen. Diese Schüler sollen die an sich notwendige Prüfung nicht absolvieren müssen, weil sie die Schule unter ganz anderen Voraussetzungen begonnen haben.

Ob dieser Frage und ob eines zumindest eigenartig formulierten Erlasses des Wiener Stadtschulrates, in dem der Eindruck erweckt wurde, daß auch nur die Unterstufe oder nur die Oberstufe einer Schulform geführt werden könnte, herrscht an betroffenen Wiener Schulen Verwirrung bei Eltern, Lehrern und Schülern.

Hinzu kommt noch, daß jene Verordnung, durch die etwa geregelt wird, wie viele Schüler Voraussetzung für die Eröffnung oder Teilung einer Klasse oder die Führung eines Gegenstandes sind, noch nicht einmal dem Begutachtungsverfahren zugeführt wurde.

Außerdem konnten die Lehrpläne für die Oberstufe der AHS aus verschiedenen Gründen erst Mitte Dezember von Frau Unterrichtsminister Hilde Hawlicek unterschrieben werden. Die Folge ist, daß die neuen Lehrbücher für die 5. Klasse, wenn überhaupt, nur auf der Basis provisorischer Lehrpläne vorbereitet werden konnten. Die Auswahl der Lehrbücher für die 5. Klasse der AHS des Schuljahres 1989/90 kann daher bestenfalls nur in Kenntnis der Autoren und der Titel, aber ohne konkret vorliegendes Buch erfolgen. Ein gewaltiges Manko und eine deutliche Einschränkung des Elternrechtes, zur Schulbuchauswahl Stellung nehmen zu können.

Noch gänzlich offen ist die Neugestaltung der Matura, für die im Arbeitsübereinkommen der Koalitionsparteien Grundsätze festgehalten sind. Die Vorlage der dafür notwendigen gesetzlichen Maßnahmen ist ebenfalls höchst dringlich, da — wie die Erfahrung zeigt - die Gesetzeswerdung relativ viel Zeit benötigt und spätestens bis Jänner 1990 - im Hinblick auf die erstmalige Wahl der Wahlpflichtgegenstände - die (neue?) Form der Matura feststehen muß. Die Gespräche der Koalitionsparteien haben begonnen, wann sie abgeschlossen werden, ist ebenfalls völlig offen.

Der Katholische Familienverband Österreichs jedenfalls hat gemeinsam mit den anderen im Elternbeirat des Unterrichtsministeriums vertretenen Eltern-und Familienverbänden schon wiederholt die entsprechenden Maßnahmen urgiert.

Der Autor ist GeneralsekretSr des Katholischen Familienverbandes Österreichs.

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