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Digital In Arbeit

Regional-TV um viel Geld

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Anfang Mai startet der ORF mit Lokal-Nachrichten auf FS 2. Rund eine halbe Milliarde Schilling wird es kosten, in jedem Bundesland ein anderes 15-Minuten-Programm zu senden.

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Anfang Mai startet der ORF mit Lokal-Nachrichten auf FS 2. Rund eine halbe Milliarde Schilling wird es kosten, in jedem Bundesland ein anderes 15-Minuten-Programm zu senden.

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Wenn die Wiener Anfang Mai ihren Fernsehapparat aufdrehen und plötzlich nieder österreichische Nachrichten sehen, dann schwimmen sie im wahrsten Sinne des Wortes auf der falschen Welle. Gleichzeitig mit der Änderung der Senderfrequenz aufgrund der Abmachungen der internationalen Radiowellen-Konferenz wird dem österreichischen Patschenkino-Publikum ein neuartiges Lokal-Programm auf FS 2 präsentiert.

In allen neun Bundesländern wird von Montag bis Freitag von 18.30 bis 18.45 Uhr über lokale Ereignisse informiert. Die anschließende Viertelstunde ist österreichspezifischen Beiträgen gewidmet, die jedoch nicht nur von regionaler Bedeutung sind. Das Österreich-Bild am Samstag und Sonntag bleibt in der bisherigen Form bestehen.

Reagiert der ORF damit auf die durch die Satelliten-Programme immer stärker werdende Konkurrenz aus dem Ausland? Oberösterreichs ORF-Landesintendant Hannes Leopoldseder meint dazu: „Je mehr internationale Programme der Kunde am Schirm zur Verfügung bekommt, umso mehr müssen wir uns fragen: Wo ist eine Marktlücke, was können wir? Mit heimischen Produktionen sind wir konkurrenzlos.“

Obwohl seit gut einem Jahrzehnt die verstärkte Programm-Regionalisierung im Gespräch ist, ist ein erster Realisierungsschritt gerade jetzt durchaus im Zusammenhang mit den vielen Satellitenprojekten zu sehen. Seit der direktstrahlende Satellit aus technischen Gründen nicht in Betrieb genommen werden konnte, können der ORF und die Post für kurze Zeit aufatmen. Das Mieten eines Senderkanals kostet zwar rund 80 Millionen Schilling, man benötigt zum Empfang aber lediglich eine Parabolantenne um rund 10.000 bis 20.000 Schilling und muß nicht verkabelt sein. Die Anfangsinvestition ist zwar höher als beim Kabel-TV, dafür muß man aber nachher weder der Post noch dem ORF Gebühren dafür berappen.

Außerdem wären die finanziellen Folgen für den Printmedien-markt gar nicht auszudenken, würden heimische Unternehmer einen Großteil des Werbebudgets statt in Zeitungen ins Satelliten-Programm investieren, so wie das jetzt schon bei den grenzüberstrahlenden Hörfunk-Sendern Tele Uno, Radio Carinthia und Radio Valcanale der Fall ist. Paul Twaroch, Leiter des Hörfunk-Landesstudios Niederösterreich,Zeit der Volkskunst und der bundeslandspezifischen Dichter angebrochen ist, befindet sich im Irrtum.

167 Millionen Schilling kostete bereits der Senderausbau und 170 Millionen die neuen Studioeinrichtungen österreichweit. Für 1989 ist ein Budget von weiteren 170 Millionen veranschlagt, und das Personal wird um insgesamt 36 Personen aufgestockt. Und das alles, um fünfmal in der Woche eine 15minütige Lokal-Chronik senden zu können.

Für die Autoren und Künstler in den Bundesländern ändert sich gar nichts. Die Regionalisierung erstreckt sich ausschließlich auf die Information. Auch für die großen Übertragungen wie etwa die der Salzburger Festspiele muß auf die größeren, technisch besser ausgestatteten Übertragungswagen vom Küniglberg zurückgegriffen werden.

Uberhaupt ist man sich im ORF nicht darüber im klaren, wie weit die Regionalisierung gehen soll. Gerhard Weis, zuständig für Programmplanung und Koordination, ist zwar für ein „Programm von der Region für die Region“, will aber keine „Programm-Ver-hüttelung, kein in Schrebergärten aufgeteiltes Sendegebiet“. Er erhofft sich ab Mai von dem Bundesländer-Kurzstreckenlauf von 15 Minuten am Tag „in der Region eine bessere Bindung an den Sender“.

Neben dem Problem, daß Österreich von seiner Größe her international gesehen eigentlich schon eine Region ist, sieht Hannes Leopoldseder noch andere Schwierigkeiten auf sich zukommen: „Neu ist jetzt, daß es jeden Tag eine durchgehende Ereignis-berichterstattung gibt, schwierig wird allerdings die Abstimmung mit der .Zeit im Bild 1*. Es soll keine unnötigen Doppelmeldungen geben.“

Durchgehend von Bundesland zu Bundesland werden die Studios einheitlich gestaltet sein, um der Sendung trotz unterschiedlichen Inhalts eine gemeinsame Hülle zu geben.

Dennoch erhebt sich die Frage, wozu der ORF Investitionen in der Höhe von rund einer halben Milliarde tätigt. Wieso nützt man die Kapazität der neuen Sender nicht für längere Programmzeiten aus?

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