Wanderungs- und Fluchtbewegungen haben Ursachen: Hungerkatastrophen und mörderische Kriege, deren Schrek-kensbilder uns das Fernsehen ins wohlig-warme Wohnzimmer liefert; die Unterdrückung und Verletzung von Menschenrechten, vor allem die Verfolgung von ethnischen, religiösen und kulturellen Minderheiten; unmenschliche Lebensbedingungen und Verelendung durch eine ungerechte Weltwirtschaftsordnung, durch eine immer größer werdende Kluft zwischen Armut und Reichtum; desolate Wirtschaftsverhältnisse im Heimatland, ohne Aussicht, sich selbst und seiner Familie die Existenz sichern zu können; dazu die Internationalisierung und Arbeitsteilung der Wirtschaft, die mit der europäischen Freizügigkeit ab 1993 eine neue Qualität erfahren wird.
Lösungen müssen daher bei den Ursachen ansetzen, die Menschen in ihren Existenznöten zwingen, ihre Heimat zu verlassen. Da geht es um eine Sicherheitspolitik, die Aggressoren, anders als beim Krieg gegen Bosnien, in die Schranken weist; um eine Menschenrechtspolitik, die mit Unrechtsregimen nicht noch gemeinsame Geschäftssache macht; um eine großzügige Entwicklungspolitik und um eine grundlegende Änderung der Weltwirtschaftsordnung: mit mitleidigen Gaben für die „Armen" wird vielleicht die Not gelindert, aber kein Problem gelöst.
Im Dutzend der Forderungen für das FPÖ-Begehren findet sich ein einziger Punkt für einen positiven Lösungsansatz - und der ist nicht neu: die „Errichtung einer Osteuropa-Stiftung zur Verhinderung von Wanderungsbewegungen". Wie soll sie dotiert sein? Unverbindlich kann man von fünf Milliarden Schilling hören, zu einem Drittel, das wären rund 1,7 Milliarden, aus dem Budget gespeist, zu je einem Drittel von der Wirtschaft und Privaten. Nach längerer Bedenkzeit wurde ein höherer Staatsbeitrag, „so 50 Prozent", eingeräumt. Und mit 1,6 oder 2,5 Milliarden - und nur darüber kann der Gesetzgeber verfügen - sollen die Wanderungsbewegungen „verhindert" werden? Man muß wohl noch an den Storch glauben, um auch davon fest überzeugt sein zu können. Sonst ist es naiv.
Das ist so naiv wie die Annahme, daß Österreich ohne Zuwanderung auskommen könnte. Da der verklausuliert umschriebene Einwanderungsstopp zehn Jahre (Hilmar Kabas) gelten soll, dürfen die Österreicher mit dem FPÖ-Begehren einen Blankoscheck zur erklecklichen Erhöhung ihrer Sozialbeiträge oder zu empfindlichen Leistungskürzungen unterfertigen. Wer hat die Konsequenzen zu tragen? Jörg Haiders Antwort: Österreich(er) zuerst.