Dieser FURCHE-Text wurde automatisiert gescannt und aufbereitet. Der Inhalt ist von uns digital noch nicht redigiert. Verzeihen Sie etwaige Fehler - wir arbeiten daran.
Richtung: Mitteleuropa
Aufbruch nach Mitteleuropa“, so lautet der Titel eines jüngst von Erhard Busek und Gerhard Wilflinger herausgegebenen Buches; zugleich veröffentlichten Felix Ermacora und Norbert Leser ihr Jahrbuch „Der Donauraum“. Symposien in Parma, in Budapest, in Regensburg, in Innsbruck zeigen die Kraft einer geistigen Bewegung, die sich in den Zeitschriften „Pannonia“, Eisenstadt, und „Etudes Danubien-nes“, Straßburg, eigene Diskussionsorgane geschaffen hat. Das Ziel lautet: engere regionale Zusammenarbeit der kleinen Völker an der Donau. Wie aber kann eine Kooperation dieser Art hier und heute vor sich gehen?
Zum Beispiel so:
österreichische und ungarische Autoren, Forscher, Verleger und Buchhändler versammeln sich in Wien zum Gedankenaustausch. Ein ungezwungenes Gespräch hebt an, man redet nicht um den Brei herum, sondern nennt die Schwierigkeiten, formuliert Wünsche, entwirft Pläne, stellt Forderungen. Zum Schluß werden alle Anregungen zusammengefaßt, den zuständigen Ministern übermittelt und - was vielleicht noch wichtiger ist — dem eigenen Gedächtnis eingeprägt. Man beschließt, das Mögliche gleich in Angriff zu nehmen, das Schwierige zu überdenken.
„Verbindungsstraße Literatur“ war der Titel dieses Symposiums im Rahmen der Ungarischen Kulturwoche im Palais Palffy in Wien. Die Schriftsteller Ivan Bol-dizsär, Budapest, und György Se-bestyen, Wien, leiteten die Diskussion, faßten dann das Ergebnis zusammen. Man präsentierte nichts Spektakuläres; man befand sich im Kreise von Fachleu--ten und blieb also bei der Sache.
Die österreichischen Verleger zeigten sich an manchen gemeinsamen Plänen interessiert: Hans W. Polak (Paul Zsolnay Verlag) will sich mit einer Anthologie ungarischer Erzähler des 20. Jahrhunderts befassen, Kurt Biak (österreichischer Bundesverlag) sprach von der notwendigen Zusammenarbeit im Donauraum. In seinem Verlag wird über eine eigene Buchreihe „Bibliotheca Da-nubiana“ nachgedacht. Der anwesende Generaldirektor des Akademie-Verlages, Budapest, György Hazai, machte sogleich den Vorschlag, die Reihe in beiden Sprachen gleichzeitig zu veröffentlichen.
Von ihm kam auch die Idee, Autoren beider Länder zur Verwirklichung gemeinsamer Projekte heranzuziehen. Warum könnte denn das Werk eines österreichischen Autors nicht in Budapest (deutschsprachig, im zuständigen Corvina-Verlag) erscheinen? Auch Adalbert Stifters Bücher wurden ja seinerzeit in Budapest gedruckt. Auch österreichische Verlage könnten sich ja von Fall zu Fall an ungarische Autoren wenden.
Der Lyriker Märton Kaläsz, Budapest, Mitarbeiter der katholischen Zeitschrift „Vigilia“, sprach vom Interesse der deutschen Volksgruppe Ungarns an österreichischen Büchern. Es wurde über die Möglichkeiten der in Niederösterreich geplanten neuen Donauuniversität diskutiert - ihr Planer Peter Kampits, Philosoph in Wien, war ebenso anwesend wie Moritz Csäky, Historiker aus Graz, der sich mit der Erforschung der gemeinsamen Geistesgeschichte befaßt. Viel wurde über Möglichkeiten debattiert, die Tätigkeit der Ubersetzer in beiden Ländern zu erleichtern und die Literaturkritik umfassender zu informieren. Wichtiges zur besseren Zusammenarbeit der Verleger hatte der Schriftsteller Gyula Kurucz, Budapest, zu sagen. Allgemein war der Wunsch, das Gespräch, vielleicht im'Rahmen der PEN-Clubs beider Länder, jährlich fortzusetzen.
Es ist eigentlich selbstverständlich, daß sich Fachleute zweier Nachbarländer über gemeinsame Fragen zwanglos unterhalten. Aber gerade das Selbstverständliche war Jahrzehnte hindurch nicht möglich. Nun kommt man endlich dazu, das Natürliche und Notwendige in Angriff zu nehmen. Die regionale Zusammenarbeit im Donauraum ist ein langer Prozeß.
Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.
In Kürze startet hier der FURCHE-Navigator.
Steigen Sie ein in die Diskurse der Vergangenheit und entdecken Sie das Wesentliche für die Gegenwart. Zu jedem Artikel finden Sie weitere Beiträge, die den Blickwinkel inhaltlich erweitern und historisch vertiefen. Dafür digitalisieren wir die FURCHE zurück bis zum Gründungsjahr 1945 - wir beginnen mit dem gesamten Content der letzten 20 Jahre Entdecken Sie hier in Kürze Texte von FURCHE-Autorinnen und -Autoren wie Friedrich Heer, Thomas Bernhard, Hilde Spiel, Kardinal König, Hubert Feichtlbauer, Elfriede Jelinek oder Josef Hader!