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RIESIGE BODENVERLUSTE

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Bodenverlust entsteht zunächst auf ganz natürliche Weise durch Erosion. Diese hat es immer gegeben und sie findet weltweit statt, wird aber durch die menschliche Nutzung der Böden enorm gesteigert. Durch Erosion gehen auf der Welt große Flächen von Ackerland verloren: Schätzungen zufolge sind es elf Millionen Hektar jährlich, insgesamt 75 Milliarden Tonnen fruchtbaren Bodens. Rund sieben Millionen Hektar Grasland wiederum fallen der fortschreitenden Wüstenbildung zum Opfer.

Für die Erosion sind zwei Hauptakteure verantwortlich: der Wind und das Wasser. Während die Wirkung des Windes hauptsächlich in den Ebenen zum Tragen kommt, treten die größten Folgen der Wassererosion bei Gefälle auf.

Die Erosion durch den Wind hängt nicht nur von dessen Geschwindigkeit, sondern auch von der Bodenbeschaffenheit ab. Je kleiner die Teilchen und je trockener der Boden, umso eher wird er weggeblasen. Von Winderosion sind in Österreich fast nur Flächen im eher trockenen Osten, im Tull-ner und im Marchfeld, betroffen.

Schwerer wiegt in Österreich aber der Bodenverlust durch die Einwirkung des Wassers. Sowohl als Folge ergiebiger Regenfälle, als auch im Anschluß an die Schneeschmelze kann es zu Abschwemmungen des Bodens vor allem dann kommen, wenn dieser nicht von einer schützenden Pflanzendecke bedeckt ist (besonders im Wein- und Maisanbau).

Bedrohlich ist der Bodenverlust vor allem im alpinen Raum. Hier entscheidet die Fähigkeit des Bodens, Wasser zu speichern. Ist diese stark reduziert (näheres Seite 14), so rinnt ein Großteil des Wassers bei Regen an der Oberfläche ab und nimmt den Boden mit. Es kommt zu Auswaschungen, zum Abgang kleiner, dann größerer Muren. Am Ende einer solchen Entwicklung droht Verkarstung.

Eine weitere Hauptform, in der fruchtbarer Boden verlorengeht, ist die Überbauung. Sie hat in den meisten Industrieländern beachtliche Ausmaße angenommen. So wird etwa in der BRD Jahr für Jahr eine Fläche mit Bauwerken verschiedenster Art bedeckt, die in der Größe dem Bodensee entspricht. In der Schweiz wiederum sind es 3.000 Hektar jährlich - oder ein Quadratmeter pro Sekunde.

Für Österreich weist die Agrar-statistik aus, daß in der Dekade von 1971 bis 1981 fast 140.000 Hektar Grünland verlorengegangen sind.

Zur Veranschaulichung: Jährlich wird eine Fläche von der Größe des Neusiedlersees in unserem Land versiegelt. Und dabei handelt es sich vorzugsweise um gute, in der Ebene gelegene Böden. Die fruchtbaren Flächen sind es ja, die seit jeher Ansiedlungen angezogen haben. Die enorme Expansion der städtischen Agglomerationen in den vergangenen Jahrzehnten ist daher vornehmlich auf Kosten der besten Ackerböden gegangen. Meist in der Ebene gelegen, sind sie außerdem am einfachsten mit Baumaschinen zu bearbeiten.

Der Verkehr frißt Boden

Aber nicht nur die Ansiedlungen verbrauchen Raum, auch die Verkehrsflächen fordern ihren Tribut. So kommen in Österreich auf einen Quadratkilometer Landesfläche mehr als 2,6 Kilometer Straße. Oder: Ein Autobahnknoten beansprucht etwa diesselbe Fläche wie die Altstadt von Salzburg, (siehe „Umweltreport Österreich", Wien 1991)

Dieses Phänomen der Bodenverluste für nicht-landwirtschaftliche Zwecke ist weltweit zu beobachten, nicht nur in den Industrieländern. Für die Dritte Welt schätzt man, daß bei anhaltenden Trends Ende der neunziger Jahre jährlich 200 Millionen Hektar verloren gehen werden (1975 lag der Wert bei 98 Millionen).

Auf Dauer ist dieser verschwenderische Umgang mit einem der wichtigsten Kapitale sicher nicht durchzuhalten. Das zeigen nicht zuletzt die Erfahrungen früherer Kulturen, die sorglos mit dem Boden umgegangen sind. Babylon, das Römische Reich (man denke an die heutige Unwirtlichkeit einst blühender Landstriche im Vorderasien und Nordafrika), die Venetianer (Zeugen sind die karstigen Gebirgshänge an der Adria) mußten alle dieselbe Erfahrung machen: Überausbeutung des Bodens und einseitige Anbauprogramme tragen langfristig zum Niedergang bei. Vom städtischen Denken beherrschte Systeme verlieren die unverrückbare Begrenztheit natürlicher Lebensräume aus den Augen und schaufeln sich damit ihr eigenes Grab.

Diese Grundgegebenheiten haben sich bis heute nicht verändert (wie die Folgen der Kolonia-lisierung insbesondere in Afrika deutlich zeigen). Ihre Berücksichtigung sollte oberste politische Priorität haben - auch in einer Welt, in der kurzfristig immer noch Agrarüberschüsse erzeugt werden.

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