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Roms Altertümer — kühle Moderne

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Informationen über kulturelle Ereignisse in europäischen Großstädten sind unserer Meinung nach ein wichtiges Pendant zur Tätigkeit der österreichischen Kulturinstitute.

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Von den Zeitgenossen wurde der neoklassizistische Bildhauer Antonio Canova (1757-1822) als neuer Phidias enthusiastisch gepriesen, von der Kritik der Romantik und bis weit ins 20. Jahrhundert hinein wurden seine Marmorplastiken skeptisch betrachtet, und erst in den sechziger Jahren räumten Kunsthistoriker wie Carlo Giulio Argan (Roms Ex-Bürgermeister) ihm einen wichtigen Platz als Protagonisten des Neo-Klassizismus ein.

Die Zeichnungen sind eine relativ unbekannte Facette im Werk Canovas, doch stellt gerade die graphische Produktion einen wichtigen Punkt im Studium der Entstehung einer Skulptur als auch einen autonomen Teil im Schaffen eines Bildhauers dar. — Aus der Sammlung von 1765 Blättern in Bassano del Grappa zeigte die römische Ausstellung im Mu-seo Capitolino 230 zum Großteil fotografisch unpublizierte

Zeichnungen Canovas.

Sie bildeten für ihn eine Art visuelles Tagebuch, ein Repertoire, von dem er sich nie trennte, das er ständig konsultierte und immer wieder überarbeitete. Typisch für seine sehr sorgfältige Arbeitsweise ist, daß er die Alben selbst thematisch ordnete und alphabetisch bezeichnete. In Rom reich vertreten waren Canovas Akademiezeichnungen, Studien nach dem männlichen und weiblichen Modell, Falten- und Draperiestudien. Pflichtbewußt übte er sich fast täglich darin, um die Hand elastisch zu halten.

Auf ein Thema beschränkt hingegen waren die Radierungen Luigi Rossinis (1790-1857), die das Museo di Roma im Palazzo Bra-schi zeigte) Veduten (Ansichten) der Ewigen Stadt und Latiums.

Rossini war nicht nur Stecher, sondern beschäftigte sich auch intensiv mit dem Studium der Archäologie. Zwischen 1817 und 1850 gab er zahlreiche Stichwerke heraus, die zum Großteil die Altertümer von Rom zeigen und in der Ausstellung fast vollständig zu sehen waren. Beachtenswert erscheint auch die Stilentwicklung, die von den phantastisch, pompös-barock angelegten Stichen des Settecento zu einer objektiven, dokumentarischen Sicht fortschreiten. So waren unter anderem zu sehen die „Sammlung der 50 wichtigsten Veduten der Altertümer aus den Ausgrabungen der letzten Zeit” von 1817/19, die „Altertümer der Umgebung Roms” (1824/26),,.Antike und moderne Tore der Mauern von Rom” (1829).

Diese Ausstellung war besonders für ausländische Besucher interessant: ermöglichte sie doch einen visuellen Rundgang durch das antike und moderne Rom und den reizvollen Vergleich des heutigen Zustandes vieler Monumente mit ihrer Darstellung im 19. Jahrhundert.

Mit einem großen Sprung in die Moderne führte die Ausstellung „Margritte und der Surrealismus in Belgien” (Nationalgalerie für Moderne Kunst). Unter 270, meist aus Privatbesitz stammenden Exponaten, die in Gemälden, Graphiken, Objekten, Collagen, Fotoarbeiten einen umfassenden Uberblick auch über unbekanntere Meister des Surrealismus (wie Bury, Mesens, Graveroi, vsn der Spiegele, Marien, Nouge) bieten, waren dem Protagonisten Rene Margritte (geb. 1898) 32 Gemälde sowie 13 Collagen und Graphiken gewidmet.

Margritte wandte sich unter dem Einfluß Giorgio de Chiricos ab 1926 dem Surrealismus zu. Weitab von technischen oder stilistischen Experimenten führt er dem Betrachter eine Welt der Träume, des Unterbewußten vor Augen, in der realistische, zum Teil alltägliche Gegenstände, ihrer gewohnten Funktion und Umgebung beraubt, verfremdet, eine neue, überwirkliche Realität gewinnen, die nicht selten in ihrer Fremdartigkeit eine gewisse Kühle und Unheimlichkeit an sich hat.

So malt Margritte in einem Bild die Gipsbüste einer Frau vor einer nächtlichen Meereslandschaft, die Frau trägt einen Blutfleck, als ob ihr lebendes Gesicht verletzt wäre. Der Titel „Die Erinnerung” soll das Bild nicht erklären, sondern steigert den Verfremdungseffekt.

Ein Spaziergang an der Innenseite der Aurelianischen Stadtmauern aus dem 3. nachchristlichen Jahrhundert erlaubt dagegen eine Konfrontation mit den allerletzten Strömungen zeitgenössischer Kunst: die Gemeinde Rom organisiert mit dem bekannten Kunstkritiker Achille Bonito Oliva die Ausstellung „Avangu-ardia - Transavanguardia”. Höchst interessant ist sie nicht nur wegen der Vielfalt und Inter-nationalität der 45 Künstler (bekannte Namen wie Beuys, Christo, Gilbert & George, Koshut, Mario Merz, Denis Oppenheim, Stella, Turcato, Vedova), sondern auch ausstellungstechnisch: Antike Gewölbe der Wachtürme in reizvollem Kontrast mit modernen Gemälden wechseln mit Kojen aus weißer Leinwand.

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