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Rotation in die Zukunft

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Israel rotiert in die Zukunft: Die Pferde werden gewechselt, die Regierung bleibt die gleiche. Skeptisch fragen bereits manche israelische Zeitungen, ob man in den nächsten zwei Jahren von der „Nationalen Einheitsregierung“ bessere Töne hören wird.

Ursprünglich sollte die neue Regierung nach dem vor rund zwei Jahren unterzeichneten Koalitionsabkommen — demzufolge Schimon Peres von Jizchak Schamir abgelöst werden wird — auf der Grundlage der damals festgeschriebenen Richtlinien weitermachen. Seit dem Rücktritt Ministerpräsident Peres', der jetzt bis zur Übernahme der Regierungsgeschäfte durch den altneuen Ministerpräsidenten Schamir an der Spitze einer Ubergangsregierung steht, haben die Konflikte zwischen den ehemaligen und künftigen Koalitionspartnern der rechtskonservativen Likud und der Sozialdemokratischen Arbeiterpartei nicht aufgehört.

Die wichtigsten Punkte zur Fortsetzung der „Nationalen Einheitsregierung“, auf die sich die Koalitionspartner bereits geeinigt haben, sind: Schimon Peres wird auch in Zukunft an der Spitze der Jerusalem-Kommission stehen, die die Zukunft der Stadt und ihre Entwicklung dominierend mitbestimmt.

Die wirtschaftlichen Themen des Kabinetts sollen vor der Regierungssitzung durch eine vierköpfige Kommission ausgearbeitet und zur endgültigen Verabschiedung vors Kabinett gebracht werden. 25 Minister gab es im ersten Kabinett, ihre Zahl ist inzwischen auf 23 gesunken. Ein Likud-Minister wurde zum Rücktritt gezwungen, ein Minister aus der Arbeiterpartei wollte nicht unter Schamir dienen.

Schimon Peres ist vom Beginn eines neuen Zeitalters überzeugt, wie er bei seiner Abschiedsrede in der Knesset bekundete. Die „Demagogie der früheren Jahre“ befinde sich im Rückzug.

Im Rückblick bewertete Peres die Rettung der israelischen Wirtschaft, die Rettung des Friedens mit Ägypten, den Bruch der PLÖ und Jordaniens, der Jordanien zu Verhandlungen mit Israel zwang, und den Ausbau der internationalen Beziehungen als besonders positive, von seiner Regierung geschaffene Tatsachen.

Und Jizchak Schamir? Der künftige Ministerpräsident sieht die Lage nicht so rosig. Trotz der Tatsache, daß er stellvertretender Premier und Außenminister war, ist er mit den „Errungenschaften“ Peres' nicht ganz zufrieden.

Wie sieht die Zukunft aus? Was bei Peres Gipfel seiner Erfolge war, ist bei Schamir nur ein blasser Anfang. Schamir glaubt auch, er werde das Kabinett bis zum Ende der Legislaturperiode führen.

Nur ein Thema könnte nach Peres und Schamir die alt-neue Koalition sprengen: Wenn Jordanien, eventuell Saudi-Arabien und die ölstaaten zu Direktverhandlungen mit Israel bereit wären. Die Arbeiterpartei ist dafür offen, Schamirs Minister sind nicht gewillt, auch nur einen Zentimeter zurückzugeben.

Peres träumt am hellen Tag, wenn er von „Friedenserweiterungen“ spricht, an Friedensverträge mit Saudi-Arabien und den ölstaaten denkt und auf diplomatische Beziehungen mit der Sowjetunion und der Volksrepublik China hofft.

Schamir will nur die alte Politik des Camp-David-Abkommens — für das seinerzeit mit den meisten Knesset-Mitgliedern auch die Li-kud-Partei gestimmt hatte — fortsetzen. Keine Dramen, keine Erschütterungen, das ist für Schamir Prinzip.

Eines ist klar: Keiner der beiden großen Parlamentsblöcke Likud und Arbeiterpartei ist am Mißlingen der Rotation interessiert. Die Arbeiterpartei, um nicht beim Volk als wortbrüchig zu erscheinen. Der Likud, weil er jetzt endlich zum Zug kommen will.

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