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Rote Zonen_.
Im Hochsommer an Lawinen zu erinnern, mag vielleicht auf den ersten Blick abwegig erscheinen. Die Aktualität des Themas ist jedoch durchaus gegeben, wenn man bedenkt, daß Lawinenverbauiungen nur im Sommer vorgenommen werden können und die Hochsaison für die Lawinenschutzarbeit daher praktisch in die Zeit der großen Ferien fällt.
Das Leben in Tirols Bergtälern ist gefährlicher, als man denkt. Trotz massiven Einsatzes der Technik sind die permanenten Bedrohungen durch Naturgewalten noch lange nicht gebannt. An die 5000 Menschen leben in Tirol in lawinengefährdeten Gebieten. 1110 Lawinenstriche und 627 Wildbäche bedrohen noch immer Siedlungen und Verkehrswege und 2300 Lawinenstriohe berühren den Lebensraum der Bewohner zwischen Kitzbüheler Alpen und Arlberg. Die am stärksten beeinträchtigten Gebiete befinden sich im Westen des Landes. Die Wildbach- und Lawinen-verbauung ist in Tirol seit Jahrzehnten in pausenloser Aktion. Gegenwärtig Wird von dem zuständigen Amt der Tiroler Landesregierung an der Erstellung von Gefahrenzonenplänen gearbeitet. Die Einteilung erfolgt in drei Zonen: Die rote Zone markiert jene Flächen, auf denen bei ortsüblicher Bauweise mit der Zerstörung von Gebäuden zu rechnen ist. Für dort lebende Personen besteht Lebensgefahr. In der gelben Zone ist ebenfalls eine Objektbeschädigung möglich. Diese kann jedoch bei Berücksichtigung gewisser Bauauflagen (verstärkte Rückwände und Fensterläden, hochgezogene Kellerschächte und kein Hauseingang auf der Gefahrenseite) weitgehend vermieden werden. In der grünen Zone sind nach menschlichem Ermessen keine Schäden zu erwarten. Für 200 der 278 Gemeinden Tirols werden derartige Gefahrenpläne ausgearbeitet. Sie werden eine wichtige Grundlage für die künftige Flächenwidmung darstellen.
Der aktive Wildbach- und Lawinenschütz wird im Rahmen eines Zehnjahresplanes (1973 bis 1983) betrieben und erfordert einschließlich eines Lawinenverbauungs-Sonder-programms an die 1,2 Milliarden Schilling. Der Großteil der Kosten muß vom Bund und vom Land Tirol getragen werden.
Zu den am stärksten gefährdeten Orten gehören Neustift im Stubaltal, Sölden im ötztal und Ischgl im Paznauntal. Galtür im Paznauntal wird in einer Länge von vier Kilometern von 53 Lawinenstrichen bedroht, 25 Gebäude sind unmittelbar in Gefahr. Nur im Ortszentrum sind einige Häuser vollkommen sicher. Bei der letzten Lawinenkatastrophe 1967 wurden zwei Hotels beschädigt und 51 Autos teilweise bzw. völlig zerstört. Durch die Reduzierung des ursprünglichen Waldbestandes auf 15 Prozent und den Rückgang der Hochlagenbewirtschaftung als Folge einer wirtschaftlichen und sozialen Strukturveränderung in nicht allzu ferner Vergangenheit erfolgte eine bedeutende Ausweitung der lawinengefährdeten Flächen.
Ein Problem sind auch die zahlreichen Um- und Neubauten in bedrohten Gebieten. In Ischgl entstanden in den letzten sechs Jahren 85 neue oder erneuerte Objekte, die durch ihre Höhe den Lawinen besonders gute Angriffsflächen bieten. Auch bei der Anlage von Zubringerstraßen zu extremen Skigebieten oder der Projektierung hoch gelegener Hotelsiedlungen wird die Bedrohung durch Lawinen meist nicht einkalkuliert. Eine Berücksichtigung des Lawinenschutzes in der künftigen Raumordnung erscheint daher unumgänglich.
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