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Digital In Arbeit

Ruck nach rechts

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„Fast ein Wunder“ glaubten viele in den letzten Wochen erlebt zu haben: Auf der einen Seite steuerte der CV bei seiner Jahrestagung im steirischen Schloß Seggauberg wieder auf Rechtskurs, auf der anderen sperrte der MKV bei seiner Kartellversammlung im Salzburger Kongreßhaus Marxisten und Sozialisten weiter aus. Nach langen und heftigen Diskussionen haben die beiden großen österreichischen „Traditionsverbände“ einen Schlußstrich unter Hoffnungen įjnd Vermutungen gezo-

Für das rechte wie das linke La-gen, und unter die Absicht, „die Tür nach links zu öffnen“.

„Wir treiben — besser gesagt: rudern — jetzt auf dem Kurs der Intellektualisierung“, so erläutert Dr. Hans Kronhuber, einst Leiter des politischen Büros der ÖVP und nunmehr neugewählter Vorsitzender der CV-Verbandsführung, die künftige Schwerpunktarbeit im Car- tellverband. Er, der selbst an der Konzeption einer Bildungsakademie federführend mitgearbeitet hat, sieht in der Verwirklichung dieses BUdungsinstrumentes eine seiner Hauptaufgaben. Die CV-Bildungs- akademie soll alle bisher aufgespdit- terten Schulungsaktivitäten zusammenfassen und fördern. Vor ihrer endgültigen Aufnahme in den CV werden Anwärter in Hinkunft dort eine Studienwoche absolvieren müssen.

Durch eine — ebenfalls in Seggau- berg beschlossene — Strukturänderung soll die Arbeits- und Führungsweise effektiver werden, eine der wesentlichen Neuerungen in diesem Zusammenhang die Persönlichkeitswahl an Stelle des Listenwahlrechts dar.

Den dritten Arbeitsschwerpunkt sieht Kronhuber in einem weiteren

Aus- und Aufbau der Verbandszeitschrift „academia“, die vor dem Einstellen gerettet werden konnte. In seiner dreijährigen Amtszeit will der neue Vorsitzende die ‘alten, anstehenden Probleme lösen und nach Möglichkeit versuchen, keinen neuen heraufzubeschwören.

Auch soll man schon in naher Zukunft den CV nicht mehr für „Linkskurs-verdächtig“ halten. Der Standort des Cartellverbandes seien seine Prinzipien, die nicht zerredet werden dürfen, sondern deren man sich neu besinnen wird.

k l’ür^dis »rächte’ wie das linke Lager in gleicher Weise überraschend hat sich die Diskussion um den politischen Standort der Mitglieder des MKV in Salzburg entschieden: Nachdem viele Beobachter eine „Öffnung gegenüber den Sozialisten“ für möglich gehalten hatten, war das Abstimmungsergebnis eine glatte Absage an jede „Öffnung“. Zwar wurden die Amstettner Beschlüsse des Jahres 1948, nach denen ein Mitglied des MKV weder der KPÖ noch der SPÖ angehören darf, außer Kraft gesetzt, die Neuformulierung enthält aber weiterhin eine „Anti- Links-Klausel“: ein Agehöriger einer MKV-Korporation kann demnach nur einer Partei oder Organisation angehören — oder in dieser mitarbeiten —, deren Programm, deren praktisches Verhalten und deren personelle Zusammensetzung in ihrer Führung den Grundsätzen des MKV entspricht. Weiters hat der Kartellrat auf Antrag festzustellen, welche Parteien oder Organisationen diesen Forderungen widersprechen.

Und diese Entscheidung hat der MKV-Kartellrat — der überdies den Antrag gestellt hat — schon im Frühjahr gefällt: Die Delegierten waren einhellig der Auffassung, daß die KPÖ, sämtliche marxistischen Splittergruppen und die SPÖ zur Zeit den Forderungen nicht entsprechen. Dazu wird aber offen zu verstehen gegeben, daß, obwohl noch nicht beschlossen, auch die NDP vom MKV nicht akzeptiert wird. Allerdings: die MKV-Formulierung läßt die Frage unbeantwortet, ob sich ein MKVer in Olahs DFP engagieren kann,

Obwohl dem Zeitgeist widersprechend, haben sich CV und MKV für eine stärkere Idealogisierung ausgesprochen. Mann kann das auch als Fingerzeig für die große konservative Oppositionspartei verstehen, die nach wie vor auf den Rückhalt in den beiden Verbänden angewiesen ist. Unbeantwortet bleibt ‘allerdings die Frage, wie die studentenfarbenfremde neue VP-Führung unter Schleinzer diesen Wink mit dem Zaunpfahl aufnehmen wird. Vielleicht provoziert erst sie wieder eine neue Diskussion um eine „Öffnung nach links"?

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