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Rückendeckung für Buenos Aires

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Trotz einiger Vorbehalte gegenüber dem kompromißlosen Kurs der argentinischen Militärregierung in Sachen Isias Malvinas — wie die Falkland-Inseln hier auf dem Subkontinent seit jeher heißen —, steht Südamerika geschlossen hinter Buenos Aires.

Denn die Neue Weltwirtschaftsordnung, über die seit zehn Jahren dialogisiert und diskutiert wird, soll nach Ansicht der Lateinamerikaner vor allem auch eine Neue Politische Ordnung sein. Und diese muß gleicher und gerechter sein als die alte; wozu gehört, daß der letzte koloniale Besitzstand auf der geopolitischen Landkarte Lateinamerikas getilgt wird.

In diesem Sinn war die neue lateinamerikanische Außenpolitik — wie in den vergangenen 15 Jahren zügig entwickelt und gerichtet auf eine größere Teil-Autonomie der Länder des Subkontinents — immer gegen den Status quo, gegen Gleichgewichte, gegen starre Stabilität.

Allerdings wurde der Inhalt der Diskussion um die Neue Weltwirtschaftsordnung so stark von nationalökonomischen Interessen wie gerechte Preise, Finanzhilfe, Umschuldung, stärkerer Anteil am Welthandel usw. der sogenannten Peripherieländer geprägt, daß die Industriestaaten darob die politische Komponente übersahen.

Lateinamerikanische Schwellenländer wie Mexiko, Venezuela und Brasilien engagierten sich diesbezüglich vor allem bei globalen Anliegen: Konsolidierung des Abstimmungsblocks in den Vereinten Nationen, Verstärkung der Stimmrechte bei den Entwicklungsbanken, Mitentscheidung im Weltwährungsfonds. Argentinien, die vierte Schwellenmacht in Südamerika, fügte immer sein spezifisches Anliegen der Rückgewinnung der Isias Malvinas hinzu.

Im lateinamerikanischen Konzert ließ man auch immer durchblicken, man würde die Ziele der angestrebten Neuen Weltordnung - Gerechtigkeit hin oder her -notfalls auch gewaltsam durchsetzen. Bei Wirtschaftsfragen ist es dafür noch zu früh. Doch in Sachen Isias Malvinas hielt Argentinien die Stunde für günstig.

Argentinien eilte es aus zwei Gründen. Erstens infolge energiepolitischer Anliegen: Die Falkland-Inseln liegen auf dem Teil des argentinischen Festlandsok-kels, der sicher Erdöl und Erdgas birgt. Will Buenos Aires seine gewaltigen Kohlewasserstoffreserven entlang seiner Südgrenzen hinunter bis Feuerland und die Antarktis in den neunziger Jahren ausspielen, muß mit den Vorarbeiten so rasch wie möglich begonnen werden. Deswegen brach Argentinien die Diskussion mit Großbritannien ab und ging zur Aktion über.

Der zweite Grund hat mit Argentiniens verfahrener Innenpolitik zu tun. Die so überhastet angetretene Militärregierung unter General Leopoldo Galtieri beginnt jetzt nach Abschluß der langen Sommerpause die eigentliche Regierungsarbeit. Um der ruinierten Wirtschaft einen neuen Sanierungsversuch zuzumuten, sind drakonische Maßnahmen notwendig, welche den Bürgern von Buenos Aires das Letzte, was ihnen noch geblieben ist, abfordert.

Trotz der Suspendierung der Parteien und der peronistischen Gewerkschaften wird es politischen Widerstand geben. Unmittelbar vor dem Kriegsakt zum Beispiel erlebte Buenos Aires die erste große Protestdemonstration seit dem März 1976, Datum des Beginns der Militärherrschaft. Die Unzufriedenheit läßt sich nun einige Zeit vom nationalistischen Taumel über die Rückgewinnung der Isias Malvinas zudecken.

Wie wird es weitergehen?

Argentinien und im Grund ganz Lateinamerika hält die Affäre für abgeschlossen, denn eine Neue Weltordnung mit britischen Enklaven auf dem südamerikanischen Festlandsockel würde man hierorts als Farce begreifen. Bis zum Eintreffen des britischen Flottenverbands muß Argentinien sich ganz auf seine Diplomatie konzentrieren, um einen möglichst geschlossenen Lateinamerika-Block präsentieren zu können.

Buenos Aires spielt sogar mit der Idee, die Klausel des Rio-Bei-standspakts von 1947 (TIAR -Tratado Interamericano de Asi-stencia Resiproca), welche alle Mitglieder im Fall einer Aggression von außen zum Mitziehen verpflichtet, zu aktivieren.

Allein schon die Tatsache, daß Brasilien den Briten seine Basen im Mittel- und Südatlantik verwehrt, wirft genug Dividende ab.

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