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Rund 100.000 Mal wird jährlich abgetrieben
Frau nicht bevormunden
So wie bisher wird die SPÖ im Rahmen der finanziellen Möglichkeiten der öffentlichen Hand weiterhin bemüht sein, laufend die Geld— und Sachleistungen für Kinder zu verbessern. Das ist die Grundlage dafür, daß auch alleinstehende Mütter und Eltern mit mehreren Kindern aus finanziellen Erwägungen nicht zu Schwangerschaftsabbrüchen gezwungen sind, sondern sich frei von diesen Zwängen für ein Kind entscheiden können.
Eine der wichtigsten Grundlagen in diesem Zusammenhang möchte ich nochmals in Erinnerung rufen: Das erhöhte Karenz-urlaybsgeld für alleinstehende Mütter und die Möglichkeit der Sondernotstandsbeihilfe für diese Personengruppe bis zum dritten Lebensjahr des Kindes.
Darüber hinaus könnte ich mir sehr gut eine konzentrierte Aktion aller relevanten gesellschaftlichen Gruppen zum Abbau noch immer bestehender Vorurteile ge-
gen alleinstehende Mütter vorstellen, aber auch — um ungeplan-te Schwangerschaften überhaupt zu verhindern - breite Aufklärungsaktionen über Empfängnisverhütung. Die Initiativen der Bundesregieruną dazu — etwa die Versuche einer verstärkten Aufklärung bereits in der Schule — wurden und werden leider in vielen Bereichen verhindert.
Im Strafgesetz ist vorgesehen, daß ein Abbruch nur nach Beratung durch den Arzt vorgenommen werden darf. Der Zwang zur Sozialberatung erscheint mir deshalb nicht sinnvoll, weil schon der Gedanke der Beratung den Zwang ausschließt.
Diese Frage wurde bereits vor der Änderung des Strafgesetzbuches ausführlich diskutiert, und es haben auch Experten immer wieder auf folgenden Umstand hingewiesen: Beratung als Hilfe kann doch nur angenommen werden, wenn die beratene Frau freiwillig kommt und auch für eine Beratung offen ist. Ansonsten wäre die Beratung eine Farce oder eine Form der Bevormundung.
Die SPÖ steht nach wie vor zu ihrer Meinung, daß Frauen in der Situation der ungeplanten Schwangerschaft geholfen werden soll, daß sie aber nicht be-
straft werden sollen; daß sie bera-’ ten werden sollen, daß sie aber letztlich die Entscheidung selbst treffen müssen.
Um diese Beratung zu ermöglichen, wurde das Gesetz über die Förderung der Familienberatungsstellen verabschiedet. Die Dichte der Beratungsstellen hat durch diese öffentliche Förderung von zehn im Jahr 1974 auf 160 im Jahr 1982 zugenommen. Dort sind Sozialarbeiter(innen) und ArzteZ-innen tätig, um den Frauen in dieser schwierigen Konfliktsituation zur Seite zu stehen.
Notwendig wäre freilich, dafür zu sorgen, daß der Schwangerschaftsabbruch in allen öffentlichen Spitälern durchgeführt wird. Nur damit kann man nämlich verhindern, daß Frauen von Geschäftemachern ausgebeutet werden. Allerdings liegt das Spitalswesen in Länderkompetenz, die Besetzung der entsprechenden Abteilungen kann also vom Bund nicht beeinflußt werden. Ich stehe selbstverständlich dazu, daß das medizinische Personal nicht zur Durchführung eines Schwangerschaftsabbruches gezwungen werden darf.
Die Autorin ist Staatssekretärin im Bundeskanzleramt.
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