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Saccharose - das „modernste“ aller Grundnahrungsmittel

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Schon heute blicke die chemische Industrie mit großem Interesse auf die bestechende Reinheit, die minimalen Hygiene- und Haltbarkeitsprobleme, die fehlende Bakterienverseuchung und auf die übrigen hervorragenden Qualitäten des Zuckers. Derzeit seien andere Rohstoffe zur Verarbeitung zu chemischen Produkten noch billiger, für die Zukunft aber werde die Möglichkeit der Erzeugung einer unvorstellbaren Anzahl und Vielfalt chemischer Produkte, wie Alkoholzusätze zu Treibstoff, Farben, Teerprodukten und Kunstfasern wirtschaftlich entscheidend sein. Primarius Dr. Ernst Göttinger, der Leiter der medizinischen Abteüung des Zuckerforschungsinstitutes, preist den Zucker auch aus der Sicht der Ökonomie: ein Hektar Ackerboden erbringt 150.000 Kalorien Ertrag an Rindfleisch, an Saccharose - das ist der Terminus technicus für den Lehrbuchbegriff „Rohrzucker“, der bei uns aus Rüben hergestellt wird - aber fast das Zwölffache: 17 Millionen Kalorien!

Deshalb und wegen ihrer exakten Dosierbarkeit sei die Saccharose das „modernste“ aller Grundnahrungsmittel. Hingewiesen wird auf die Astronautenkost, die auch in Unfallkrankenhäusern Schwerverletzten und Schwerkranken - besonders bei Darmleiden - wegen der totalen Aufnahme im Darm und der fehlenden Rückstände verabreicht wird, und auf die Kindernahrung - der Erfolg sei die

heute gesündere, kräftigere und größere Jugend als jahrhundertelang davor. Der Kindernahrung wenden sich auch alte Menschen auf Grund ihrer Kostengünstigkeit, leichten Verdaulichkeit und einfachen Zubereitung zu. Für Touristen interessant ist die Zukunftsmöglichkeit der Mitnahme von Kompaktmahlzeiten auf Reisen in die Tropenländer zur Vermeidung der gefährlichen und kostspieligen Nahrungsmitteldesinfektion.

Ist Zucker nun schädlich, wie so oft gepredigt wird? Die Frage ist in dieser lapidaren Formulierung nicht zu be-

antworten; daß er es in manchen Fällen sein kann - für Zähne, wenn sie nicht geputzt werden, bei Diabetes oder ähnlichem - steht außer Zweifel.

Ist Zucker notwendig? Wenn man den Medizinern, die bei einem Informationstreffen des Zuckerforschungsinstitutes am Sachsengang darüber referierten, zugehört hat, klingt immer wieder ein von einem anderen Grundnahrungsmittel bekannter Slogan durch: „Zucker kann durch nichts ersetzt werden!“ Durch die für den Menschen attraktivste Geschmacksqualität sei die Saccharose seit über hundert

Jahren preislich, energetisch und geschmacklich ein Volksnahrungsmittel. Ferner zeichnen sie die einfache Molekularstruktur und die Umweltfreundlichkeit ihrer Endprodukte -Kohlendioxyd und Wasser - aus.

Das Zuckerforschungsinstitut, das seit mehr als zehn Jahren in seiner heutigen Form organisiert ist, beschäftigt sich mit Spezialproblemen. Doch die Tätigkeit des Institutes mit seinen drei Abteilungen - Medizin, Technologie und Landwirtschaft-, das in seiner Art einzigartig in der Welt ist, hat unmittelbaren und großen Einfluß auf die

österreichische Rüben- und Zuckerwirtschaft, deren Arbeitsgeräte und auf die medizinischen Probleme, die sich aus dem Zucker ergeben Die medizinischen Spezialforschungen gelten dem Verhalten verschiedener Zucker im Dünndarm und der essentiellen Rolle der Kohlenhydrate. ,

Die landwirtschaftliche und technologische Abteilung des Zuckerforschungsinstitutes arbeiten in Fuch-senbigl im Marchfeld. Von hier aus werden jährlich auf 50.000 Hektar in allen österreichischen Rübenanbauge-bieten alle Produktionsstufen des

Zuckers mit Versuchen erfaßt, mit eigenen Maschinen und Personal 15 bis 20 Versuchsstationen bei den Landwirten selbst betrieben und davon die Fruchtverwertung im Hinblick auf Krankheiten, Schädlinge, Düngungsnotwendigkeiten und Saatgut durchgeführt, deren Ergebnisse schon für den Anfang des nächsten Jahres vorliegen müssen!

Eine weitere ganz wesentliche Aufgabe des Zuckerforschungsinstitutes Fuchsenbigl, durch dessen Tätigkeit Österreich wegen der eindeutig besseren Rübenqualität als in den übrigen europäischen Ländern ein auf diesem Gebiet „beneidetes Land“ wurde, ist der Kontakt und die Weiterbüdung der Produzenten und Verarbeiter, wobei es bei den ersteren schon wegen ihrer großen Zahl, 16.000 bis 17.000, nicht immer leicht ist, sie zu erreichen und zu überzeugen.

Die Tätigkeit und die Erfolge des Zuckerforschungsinstitutes haben bewiesen, daß wissenschaftliche Spe-zialforschung, die gerne in der Öffentlichkeit als realitätsfremd und wegen des Interesses nur einiger weniger Gelehrter als viel zu teuer abqualifiziert wird, durchaus Sinn für unser ganzes Land haben kann: für die Qualität unserer Erzeugnisse, „österreichische Qualität“, und für die Gesundheit jedes einzelnen für uns, denn - wer kommt nicht mit Zucker in Verbindung?

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