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Sadats Hilfe fiir Afghanen

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Man mag sich fragen, was ausgerechnet die Ägypter im fernen Afghanistan verloren haben. Doch gehen alte, heute nur reaktivierte Bande von Kabul nach Kairo: Die religiöse Führung des wilden Berglandes wurde traditionell am ägyptischen Azhar ausge-

bildet, obwohl es nach der bis zur sowjetischen Revolution nicht minder berühmten Theologie von Buchara viel näher gewesen wäre.

Einer dieser Azhar-Theologen ist heute der weit über die Grenzen Afghanistan hinaus bekannte Maulana Muhammad Nabi Mu-hammadi. Nach kommunistischer Machtergreifung und sowjetischer Invasion vertauschte er seine verschiedenen Gastprofessuren in nordeuropäischen Ländern mit der Führung der eher gemäßigten „Islamischen Revolutionsbewegung" (IRV).

Diese ,4Iarakat-e Inqelab Afghani Islami", wie sie sich selbst in der wichtigsten Landessprache Dari nennt, war dann auch als erste in Kairo vertreten, als Sadat vor Jahresfrist seine neue .J^iga der arabischen und islamischen Völker" mit einem ,Afghanistan-Büro" zur politischen Realität und Kraft machte. Bis dahin hatte das Projekt mehr nach einem Luftschloß ausgesehen, das einzig und allein die mit dem ägyptischisraelischen Friedensschluß nach Tunis entschwundene „Arabische Liga" ersetzen sollte.

Aber der von Ägypten als Leiter dieses ,3üros" gewonnene Harun al-Mudschadidi brachte es als Angehöriger einer der einflußreichsten Familien des durch mächtige Sippen beherrschten Afghanistans inzwischen soweit, daß der Aufstand gegen die Sowjets heute zum Teil schon am Nil koordiniert wird: Den im Lande untergetauchten oder nach Pakistan geflohenen Mudschadidis ist es nämlich in diesem Sommer gelungen, die vier anderen kleineren Partisanenorganisationen um ihre eigene Nationale Befreiungsfront ANLF zu gruppieren.

Getrennt marschieren und vereint schlagen ist die Devise dieser neuen „Islamischen Allianz für die Befreiung von Afghanistan". Darüber hinaus hat es Hazrat SebghatuUah Mudschadidi, seines Zeichens ebenfalls früher Theologieprofessor, verstanden, der mächtigsten afghanischen Widerstandsbewegung wachsenden Anhang abzugewinnen: der extrem fundamentalistischen und kampferprobten ,3ezb-i Islami" (Partei des Islam), straff organisiert von ihrem Chef Gul-buddin Hekmatijar.

So geht es heute im „befreiten Gebiet" eher gespannt zu, wenn

Mudschahedin-Partisanen der neuen Allianz an Kreuzwegen, Wasserstellen und vor allem Waffenlagern mit weiter getreuen Anhängern des afghanischen „Tito" Hekmatijar zusammentreffen und manchmal regelrecht zusammenstoßen. Sobald aber die gefürchteten sowjetischen Hubschrauber auftauchen, ist man sich gegen den gemeinsamen Feind gleich wieder einig.

Die Russen und afghanischen Kommunisten hatten gehofft, den national-islamischen Widerstand in diesem Sommer zerschlagen zu können. Tatsächlich aber sind die Partisanen vom Pandschir-Tal bis an die Bannmeile von Kabul aus allen Treffen gestärkt hervorgegangen. Das haben sie neben der gewonnenen Kampferfahrung hauptsächlich der verbesserten und schwereren Bewaffnung zu verdanken.

Die Widerstandskämpfer selbst schweigen sich über die Herkunft ihrer Waffen und den Munitionsnachschub beharrlich aus. Doch gewiß ist, daß ihre modernere Bewaffnung nicht nur von Uberläufern der regulären afghanischen Armee und von im Kampf mit den

Sowjets erbeuteten Kriegsgeräten stammt: Neben Ägypten (und im Hintergrund die USA) dürften auch andere heute prowestlich ausgerichtete arabische Staaten, aber auch die Chinesen Waffen und Munition nachliefern.

Es gibt Anzeichen, daß Waffen und Munition - wie im 2. Weltkrieg zu den Jugoslawen — durch Abwurf aus der Luft in die Hände des afghanischen Widerstandes gelangen. Traditionelle Sammelplätze und Verteilungssysteme der nach wie vor nomadischen Mehrheit der Bevölkerung begünstigen diesen Nachschubweg. Gleichzeitig setzt das aber auch ein großes Fragezeichen über die angeblich totale Kontrolle des afghanischen Luftraumes durch die sowjetischen Aufklärer und Kampfbomber.

Andere Berichte lauten, daß der Nachschub für die Widerstandskämpfer mit Container-Lastwagen an die pakistanisch-afghanische Grenze geschafft werden, wo pakistanische Offiziere die Verteilung und Weiterleitung dieser Waffen an die sechs Hauptgruppen des Widerstandes besorgen würden.

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