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Sängerin zu werden, ist schwer

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Gelegentlich mache ich mir darüber Gedanken, was ich wohl in meinem „gelernten Beruf Touristik-Kaufmann bis jetzt erreicht hätte. Aber es ist entschieden. Ich bin drauf und dran, eine - hoffentlich gute - Sängerin zu werden. Diese Entscheidung war allerdings nicht so einfach. Man glaubt nicht, wie viele Steine einem in den Weg gelegt werden können.

Meist glauben die Eltern, daß ein sogenannter ordentlicher Beruf in der heutigen Zeit noch immer viel sicherer sei als eine - vielleicht nie stattfindende - künstlerische Laufbahn. Mit klaren Folgen: Unterstützungen wie Taschengeld werden gestrichen oder auf ein Minimum herabgesetzt. Tausende Studenten müssen sich daher einen Nebenjob suchen. (Unter diesen Umständen bin ich richtig dankbar für die kaufmännische Ausbildung, die ich parallel zum Gesangsunterricht genoß.)

Ein regelmäßiger Lebenswandel ist für Sänger(innen) jedoch wichtig. Und der ist mit einem lukrativen Nebenjob nicht leicht in Verbindung zu bringen. Ein erster Grund, aufzugeben. Viel kräfteraubender, frustrierender und tragischer sind aber andere Probleme. Im „Musikland" Österreich tun sich da Abgründe auf.

Wie können es die Damen und Herren Professoren mit ihrem Gewissen vereinbaren, daß junge, talentierte Sänger mit einem kleineren Stimmumfang von der Schule abgehen als sie gekommen sind? Es soll schon dagewesen sein, daß Professoren absichtlich falsche Hinweise gegeben haben. Eifersucht und Neid kennen bekanntlich keine Grenzen.

Weiters reicht eine Wochenstunde zu 50 Minuten wie etwa am Konservatorium oder an der Hochschule für Musik nicht, um eine wirkliche gesangliche Ausbildung voranzutreiben. Wenn man nicht schon weiß, wo's langgeht, ist man sowohl am Konservatorium wie auch an der Hochschule ziemlich alleingelassen. Natürlich gibt es Ausnahmen unter den Gesangspädagogen.

Ich würde aus meiner Erfahrung Unterricht bei einem Privatlehrer empfehlen. Nachteil: Er kostet Geld. Vorteil: hat man den Lehrer seines Vertrauens gefunden, zeigen sich eher Fortschritte, mehr Geduld und Verständnis für die Entwicklungsphasen des Schülers werden aufgebracht. Weder an der Hochschule noch am Konservatorium kann man sich den Professor aussuchen.

Selbstverständlich ist blindes Vertrauen in einen Lehrer auch nicht am Platz. Aber ein untrügliches Zeichen für seine Qualität sind dankbare Schüler. In diesem Punkt habe ich sicherlich einen Volltreffer gemacht. Das hat für mich einen guten Grund: Meine Stimme fühlt sich mit der erlernten Technik sehr wohl. Auch nach längerem Singen werde ich nicht heiser, die Stimme klingt angenehm und schön. Ich glaube, das ist eines der Hauptkriterien, um einem Lehrer trauen zu können.

Zur darstellerischen Schulung ist der Besuch der Opernschule eine gute Voraussetzung. Um die Aufnahmsprüfung dieser Konservatoriumsklasse zu bestehen - alle künstlerischen Fächer, die in Wien unterrichtet werden, schreiben eine Aufnahmsprüfung vor - muß die Stimme bereits ausgebildet sein. Wer keine Protektion hat, hat es da nicht leicht. Am Lehrplan stehen operndramatischer Unterricht, Italienisch, Fechten, Operngeschichte und Schminken. Dieses Studium dauert normalerweise drei Jahre. Dann hält man sein Diplom in Händen und wartet auf ein Engagement.

Viele warten lange, manche kurz, andere ewig. Eine Möglichkeit, sich zu erproben, ist die Teilnahme an Wettbewerben und Meisterkursen. Für zielstrebige Sänger ist dies ein unbedingtes Muß. (Wenn man auch kein Engagement bekommt, sammelt man sicherlich jede Menge Erfahrung.)

Eine zu frühe und zu starke Beanspruchung der Stimme kann sehr schaden, zu hoch gestellte Ansprüche rächen sich an den Stimmbändern. Für die Überschätzung der eigenen Kräfte gibt es viele Beispiele: Mit welch unsinnigen Diäten hat nicht Maria Callas ihre Stimme ruiniert?

Gute Vorbilder können auch gute Lehrmeister sein, durch Zuhören kann man sehr viel lernen. Am wichtigsten erscheint mir das Motto: „Laß Dich nicht unterkriegen. Halte Dir immer Dein Ziel vor Augen." (Auch vor „kritische" Augen.)

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