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Sakrale Kunst in der Praxis

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Nach einigen Jahren an der Kunstakademie in Wien hatte ich im Jahre 1950 das große Glück, ein französisches Stipendium nach Paris zu erhalten. In einer Ausstellung über moderne Glasmalerei erkannte ich, daß bei dieser Arbeit zwei Dinge zu vereinbaren wären: einerseits das Werken mit einem faszinierend schönen Material und andererseits durch dieses Handwerk eine Existenzmöglichkeit zu finden. Ich suchte Kontakt zu der bekanntesten Werkstätte in Paris, kam so in das Atelier von Jean Barilett und lernte dort von Grund auf die damals neue Technik der Glasbetonfenster kennen. In diesem Atelier wurden soeben die Fenster für Audincourt von Fernand Leger fertiggestellt.

Gleichzeitig fand ich in einem schwerkranken Priester einen Freund, der mir durch seine Persönlichkeit neue Dimensionen einer christlichen Existenz zum Bewußtsein brachte, die mir bisher fremd waren. Und so muß ich rückblickend sagen, daß diese und auch andere Begegnungen mit christlichen jungen Menschen mein Christsein nährten.

Nach Österreich zurückgekehrt, hat es allerdings jahrelang gedauert, bis ich zu eigenen Aufträgen auf dem Gebiet des Kirchenglasfensters gekommen bin. Meine Arbeiten dieser Art waren stets auftragsgebunden und ich war nicht immer mit der Architektur der Kirchenräume, für die ich gestalten mußte, einverstanden. Trotzdem versuchte ich, das Beste daraus zu machen. Grundsätzlich geht es mir bei meiner Arbeit um eine Verständlichkeit für den gläubigen Laien. Idh meine damit ein Rücksichtnehmen auf seinen Einfühlungshorizont. Meine Fenster sollen sich auch im christlichen Alltag der Gemeinde bewähren und so habe iclY bewußt auf modernistische Gags und Sensationshascherei verzichtet.

Ich möchte sagen, daß mir der anonyme mittelalterliche Glasmaler Vorbild ist, dessen Werk völlig im Gotteslob aufgeht - ein Gedanke, der dem heutigen Kunstbetrieb fremd ist. Als meine Fenster für die Auferstehungskirche in Nürnberg montiert waren, ich glaube, es war 1960, sagte der Pfarrer spontan zu mir: „Jakowitsch, das ist Ihnen geschenkt worden!“ Für mich war der Gedanke, hier Werkzeug gewesen zu sein, beglückend und höchstes Lob. Vielleicht deutet das ein wenig meine Einstellung an, die mir bei meiner Arbeit im kirchlichen Raum vorschwebt.

Es gibt in Österreich einen „Verein für christliche Kunst“. Bei ihm habe ich mich nie um eine Mitgliedschaft bemüht. Damit will ich andeuten, daß ich mich nicht ausschließlich mit kirchlicher Kunst befasse, wie ich auch nicht ausschließlich als Glasmaler tätig bin. Wenn aber ein Auftrag an mich heran-

getragen wurde - bezeichnenderweise erhielt ich viel mehr Aufträge im Ausland als in Österreich -, habe ich alles gegeben, mich in ihn zu vertiefen. Das war oft ein sehr langwieriger Prozeß, an dessen Ende nur ein Dienen am Werk stehen kann.

Ich glaube, daß christliche Kunst durchaus auch heute möglich ist. Und wie man weiß, gibt es zwar nicht sehr viele, aber immerhin doch sehf gelungene Werke auf diesem Gebiet - ich denke dabei besonders an einige französische, Schweizer und deutsche Künstler und Architekten.

Natürlich wäre es wichtig, auch in der Kirche und an ihren Gemeinden Aufklärungsarbeit zu leisten, um zu besseren Lösungen für sakrale Räume und ihre künstlerische Ausgestaltung zu kommen. Dann wäre es leichter, vom Kitsch, der leider da und dort anzutreffen ist, Abschied zu nehmen.

Florian Jakowitsch ist freischaffender Maler und Graphiker.

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