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Salzburgs Museum „spielt alle Stückln"

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Salzburgbesucher kennen den Turm am Residenzplatz mit dem beliebten Glockenspiel. In dem um 1600 im Auftrag von Fürsterzbischof Wolf Dietrich von Raitenau errichteten und noch im 17. Jahrhundert erweiterten „Neugebäude" sind vor allem Dienststellen der Salzburger Landesverwaltung und das Universitätsinstitut für Kunstgeschichte untergebracht.

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Salzburgbesucher kennen den Turm am Residenzplatz mit dem beliebten Glockenspiel. In dem um 1600 im Auftrag von Fürsterzbischof Wolf Dietrich von Raitenau errichteten und noch im 17. Jahrhundert erweiterten „Neugebäude" sind vor allem Dienststellen der Salzburger Landesverwaltung und das Universitätsinstitut für Kunstgeschichte untergebracht.

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Anläßlich der Salzburger Landesausstellung 1987 über Fürsterzbischof Wolf Dietrich, den „Gründer des barocken Salzburg" wurden auch die einstigen Privaträume Wolf Dietrichs im zweiten Stock mit den Farbstuckdecken des Italieners Elia Castello restauriert. Auch sonst birgt der Bau wertvolle Schätze wie holzgeschnitzte Renaissance- und Barockdecken, -säulen, -portale.

Allein diese bekannten und die wahrscheinlich hinter Umbauten verborgenen, nicht mehr bekannten Kostbarkeiten wären Grund genug, das Wolf Dietrich-Schloß ständig einem größeren Besucherkreis zu öffnen. Mit dem Beschluß der Salzburger Landesregierung vom 9. November, hier das Salzburger Stadt-Land-Museum einzurichten, ist ein erster Schritt dazu getan. Bis 1996 -rechtzeitig zum 1000-Jahr-Jubiläum der Stadt - müssen Ersatzräume für 330 Bedienstete gefunden werden. An der Finanzierung wird sich die Stadt mitbeteiligen.

Der Kulturreferent des Landes, Peter Krön, zeigt sich in der Museumsfrage jetzt wieder optimistisch: Nach vielen Rückschlägen zeichnet sich in der fast schon unendlichen

Geschichte ein nicht nur gutes, sondern ausgezeichnetes Ende ab. Dies deshalb, weil der nun bestätigte Standort des Museums „alle Stückln spielt": Er liegt mitten in der Altstadt auf historisch-römischem Boden, ist für in- und auswärtige Museumsbesucher bestens erreichbar.

Das Haus,für sich schon ein Ausstellungsstück, ist ideal geeignet für die Darstellung der Geschichte, Kultur und Kunst von Salzburg. Im rückwärtigen, im Zweiten Weltkrieg zerbombten Gebäudeteil ist zudem eine flexible Raumgestaltung nach modernen Museumserfordemissen möglich. Der Hof kann unterkellert werden. Allerdings müßte zuvor der Boden den Archäologen überlassen werden. Er birgt mit nahezu hundertprozentiger Sicherheit kostbare römische Reste. Der Auftrag für die Bauaufnahme des Altstadtpalastes wurde bereits an einen erfahrenen Spezialisten vergeben. Auch dieser ist für einige Überraschungen gut. Denn das Neugebäude ist wie andere Salzburger Palastbauten später zweckentfremdet und

- so stellte der Kunsthistoriker Johannes Moy schon 1969 fest

- durch lieblose Um- und Einbauten „degradiert" worden.

Gemeinsam mit der Stadt, dem Salzburger Museum Carolino Au-gusteum, einem dafür bestellten Projektteam und der Baudirektion muß nun die von Krön geleitete Kulturabteilung eine „optimale Organisationsstruktur für die Planung und Errichtung des neuen Museums" entwickeln. Denn das 1834 errichtete und seit den Bombentreffern von 1944 nicht adäquat untergebrachte Museum Carolino Augusteum soll, so Krön, völlig neu gestaltet werden und Salzburgs historische Einzigartigkeit sieht- und erlebbar machen: vom uralten Kulturboden der Eiszeit über den Keltenfundort von gesamteuropäischer Bedeutung, den römischen Handelsplatz, das Zentrum frühmittelalterlicher Klosterkultur, die Bischofsmetropole, das reichsunmittelbare Fürstentum bis 1806 und als Kunst- und Kulturmittelpunkt bis in die Gegenwart.

Highlights wie etwa die keltische Schnabelkanne vom Dürrnberg, die gotischen Madonnen des weichen Stils oder die Gemälde Anton Faistauers werden in einer Dauerschau gezeigt. Dazu kommen Jahres- und Sonderausstellungen zu Salzburg-bezogenen Themen der bildenden Kunst, Literatur, Architektur, Wissenschafts- und Technikentwicklung, Volkskunde, nach den Prinzipien moderner Museumsgestaltung und -pädagogik. Krön ist optimistisch und glaubt, daß wenigstens ein Teil dieser Pläne noch in diesem Jahrtausend realisiert werden kann - seine Vision der Anbindung der römischen und mittelalterlichen „Unterwelt" im Dombezirk an das Museum wird sich wohl erst im 21. Jahrhundert erfüllen lassen.

Der Vorsitzende des Museumsvereins, Salzburger Nachrichten-Chefredakteur Karl Heinz Ritschel, hatte dagegen noch kürzlich recht deutlich von einer nichtendenwollenden „Museumsmisere" in Salzburg gesprochen. Zwar ginge der internationale Trend zu mehr Interesse für Kunst und Kultur und damit auch zu einer besseren Präsentation der eigenen Schätze in immer stärker besuchten regionalen Museen. Aber in Salzburg hätten Politiker wie Öffentlichkeit dies bisher kaum zur Kenntnis genommen, die bauliche Situation der Museen insgesamt sei seit längerem höchst unbefriedigend.

Das gilt nicht nur für das Museum Carolino Augusteum, sondern auch für die überregional bedeutenden Landesgalerien in Residenz und Rupertinum. Vor allem letzteres platzt aus allen Nähten. Dringendst gebraucht werden Depots und Werkstätten. Sie könnten neben dem Rupertinum unter der Franziskanergasse entstehen. Die Realisierung einer ebenfalls dringend benötigten, mehrfach nutzbaren Kunsthalle unter dem Max Reinhardt-Platz scheint derzeit noch in weiter Ferne.

Kein Wunder, daß der Landeskulturreferent Krön sagt: „In dieser Si tu-ation ist ein Guggenheim Museum in Salzburg für mich nicht aktuell. Die Hollein-Architektur ist zwar großartig, aber viele Probleme , gerade auch die finanziellen, sind bisher ungelöst." Allein für die Planung des Museums im Neugebäude sind im Landesbudget 1993 rund drei Millionen Schilling vorgesehen, Umbau, Sanierung, Restaurierung und Museumsgestaltung werden derzeit auf etwa 400 Millionen Schilling geschätzt. Je die Hälfte müßten von Land und Stadt kommen. Im Budget für 1993 sind je 15 Millionen von Stadt und Land plus 7,5 Millionen aus eigenen Einkünften und Sponsoring angesetzt.

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