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Sanierung der Götter

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In den vergangenen zwanzig Jahren hat in der größten archäologischen Landschaft Österreichs —im Raum der einstigen Metropole Oberpannoniens, Carnuntum — die Entwicklung Unwiederbringliches der Zerstörung und dem Verfall preisgegeben. Für das, was noch zu retten ist, zeichnet sich jetzt endlich eine wohl letzte Chance ab: Das Projekt des „Archäologischen Parks Carnuntum“ (abgekürzt APK, um sich vom APC - dem „Archäologischen Park Cambodunum“ in Kempten in der BRD — zu unterscheiden).

Initiiert hat es der Archäologe und Universitätsprofessor Werner Jobst, zugleich neuer Leiter des Museums Carnuntinum in Bad Deutsch Altenburg und Landesarchäologe Niederösterreichs. Aus Mitteln der Regionalisierung hat das Land für eine erste Sanierungsphase bis 1993 insgesamt 105 Millionen Schilling garantiert. Am vergangenen Wochenende markierten die Konstituierung der internationalen Carnuntum-Kommission und das Symposion „Archäologischer Park Carnuntum“ den Start des Projektes. Das Glück und den Erfolg, den die mehr als 130 Teilnehmer und die Referenten aus der BRD, aus Ungarn, der Schweiz und Österreich dem Unternehmen wünschten, wird es freilich auch bitter nötig haben.

Abgesehen von den trotz allem weiterhin knappen finanziellen Mitteln, angesichts der gar nicht gleichzeitig in Angriff zu nehmenden Rettungsaufgaben auf dem Areal von rund zehn Quadratkilometern und des „sturzdesolaten“ (Jobst) Zustandes des bisher Ergrabenen, drohen rundum weitere Gefahren. Straßen und neue Einfamilienhäuser sowohl in der Gemeinde Petronell als auch in Bad Deutsch Altenburg lassen Gräberfelder, Tempelareale und Kastellfundamente samt Therme unter neuzeitlichem Beton verschwinden.

Bereits völlig vernichtet ist der Standort des carnuntinischen Stadtheiligtums mit den Tempeln für Jupiter, Juno und Minerva auf dem Pfaffenberg - die Mittel für die Ablöse in Höhe von 250 bis 300 Millionen Schilling waren in den 70er Jahren nicht aufzubringen gewesen. Der Steinbruch siegte. Die ursprüngliche Absicht, wenigstens die in der Notgrabung geborgenen Fundamente und Funde — wenn auch entwurzelt — auf einem neuen Areal quasi transplantiert aufzustellen, ist gescheitert. Nun soll hier wenigstens ein „Museum Pfaffenberg“ nach der Grundrißstruktur des sogenannten Tempels II gebaut werden.

Bereits im Gange sind Totalsanierung und Renovierung des 1904 eröffneten Museums Carnuntinum, das auf ein zugekauftes Areal von 5.000 mJ expandieren kann. Ganz aufmerksame Besucher entdecken auch weitere Ansätze zur Wiederbelebung: ein hölzernes Strukturgerüst in der sogenannten Zivilstadt skizziert dreidimensional eine Straßenhalle samt dahinterliegendem Tempel, ein Stufengestell die Sitzreihenhöhe im Amphitheater des Legionslagers. Die Sanierung beginnt. Aber die Palastruine daneben bricht, durch früher verwendeten Zementmörtel völlig unzulänglich gesichert, weiter zusammen, und auch das Heidentor hat bereits Löcher. Der Weg bis zu den ersten Eins-zu-eins-Rekon-struktionsmodellen und zu flächendeckenden Schutzbauten ist noch lang — ein erster, schüchterner Vergleich des „APK“ mit ausländischen Projekten wird hoffentlich zur Weltausstellung Wien-Budapest 1995 zu wagen sein.

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