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Schach dem Bauernsterben

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Wieder stehen Gatt-Verhandlungen vor der Tür. Schluß mit dem Agrarprotek-tionismus wird gefordert. Dabei gibt jetzt schon jede Stunde ein Bauer in Österreich seine Tätigkeit auf. Den meisten fällt die Entscheidung sehr schwer. Sie wechseln nicht einfach den Job, sondern geben eine Lebensform auf. 217.000 Personen waren im Vorjahr noch in der Landwirtschaft tätig, 6,5 Prozent der Erwerbstätigen. 1970 waren es noch 496.700, mehr als doppelt so viele wie heute.

Dieses „Bauemsterben" währt schon seit Jahrzehnten. Eine Zeitlang war es sogar Markenzeichen für den Fortschritt. Mittlerweile zeigen sich die nachteiligen Folgen dieser Entwicklung. Es leidet die Umwelt: durch intensive Produktion einerseits, durch Vernachlässigung der Pflege (vor allem im Gefolge des Abwandems der Bergbau-era) andererseits. Aber noch schwerer wiegt, daß eine ganze Kultur bäuerlichen Lebens zugrundegeht, ein Berufsstand auszusterben droht.

Und diese Bedrohung wird sich verstärken, wenn die Gatt-Verhandlungen über den Handel mit agrarischen Gütern nach den Vorstellungen der USA laufen. Diese verlangen einen Abbau der Stützungsmaßnahmen für die Landwirtschaft und die Beseitigung aller mengenmäßigen Handelsbeschränkungen, um den Agrarexporteuren in Australien, Latein- und Nordamerika Märkte zu eröffnen.

Im Klartext heißt das: Produkte, die billig, aber unter enormen ökologischen Kosten (Abbrennen der Tropenwälder, Versteppung und Vergiftung Nordamerikas...) durch Großkonzeme (die 40 größten US-Betriebe setzen 270 Milliarden Schilling um) erzeugt werden, sollen auch unsere Märkte erobern. Daß unsere Betriebe mit durchschnittlich unter 20 Hektar Fläche nicht mit der Agrarindustrie der USA (durchschnittliche Größe 190) und anderswo konkurrieren können, ist klar.

Handelshemmnisse seien ein Relikt der Vergangenheit, lautet das Argument der Befürworter der internationalen Konkurrenz. Mag sein. Aber diese Art von Wettbewerb ist unlauter. Soll Österreich seine natürliche Umwelt, seine Kulturlandschaft ruinieren, nur weil Agrarmultis in Übersee freie Hand im Umgang mit den Schätzen der Erde gelassen wird? Es würde uns auch kaum etwas bringen: Statt 15 nur mehr 14 Prozent des Einkommens Ausgaben für Ernährung. Na, wenn schon! Es muß endlich Schluß sein mit der restlosen Ökonomisierung aller lebenswichtigen Fragen. Europa darf diesem Druck nicht nach- und seine Bauern und damit seine Kulturlandschaft nicht preisgeben.

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