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Schade um den Tag der Arbeit
1. Mai - Tag der Arbeit. Wurden die Feiern dem Anspruch noch gerecht? Wurde nicht alles dem Wahlkampf untergeordnet?
„Durch Arbeit muß sich der Mensch sein tägliches Brot besorgen“, schrieb Papst Johannes Paul II. in seiner Enzyklika „La-borem exercens“. „Nur so kann er... zur kulturellen und moralischen Hebung der Gesellschaft beitragen... Hier geht es um jede Arbeit, die der Mensch verrichtet... Nur der Mensch ist zur Arbeit befähigt...“
Der Papst knüpfte 1981 damit an die erste päpstliche Erklärung zur sozialen Frage an, an die Enzyklika „Rerum novarum“ 1891. Im Jahr davor hatte die Arbeiterbewegung begonnen, gegen den Fluch der Arbeit anzukämpfen. 1890 hatten zum ersten Mal Aufmärsche am 1. Mai den Achtstundentag gefordert. Noch ging es „nur“ um menschenwürdige Arbeitsbedingungen, nicht um die Erkenntnis vom höheren Wert der Arbeit.
Jahrtausendelang waren die Stärkeren unter den Menschen bemüht gewesen, die (Hand-)Ar-beit an die Schwächeren, an Frauen, ja an Kinder, an Sklaven abzuschieben - spielen die Gastarbeiter heute eine ähnliche Rolle? — und sich die „schöneren“ Tätigkeiten des Jagens, des Kriegführens, auch der geistigen Arbeit vorzubehalten. Die daraus entstehenden Konflikte mußten immer' wieder zum Ausbruch kommen.
Stehen wir heute vor einer Zeitenwende, die die Hoffnung gibt, diese uralte Konfrontation zu überwinden? Maschinen haben vieles von dem übernommen, was noch vor 50 Jahren nur durch Muskelkraft bewegt wurde. Computer erledigen schneller und genauer, wozu gestern noch ein Heer ausführender Kräfte benötigt wurde.
Aber haben Maschinen, Computer, den arbeitenden Menschen zu schöpferischer Tätigkeit, zu seinem Anteil an der „kulturellen und moralischen Hebung der Gesellschaft“ freigestellt? Auch das, ist ein Prozeß des Umdenkens, der sich über Generationen hinweg abspielen muß.
Sind erste Zeichen zu ahnen? Sozialberufe haben einen bedeutenden Anstieg ihres Sozialprestiges zu verzeichnen. Nach Jahren, in denen die Matura und die Hochschule das allein erstrebenswerte Ziel zu bieten schienen, finden wieder mehr junge Menschen zum Handwerk, zur Facharbeit. Sicher zunächst durch die Uberfüllung der Universität. Aber das allein dürfte nicht genügen.
Noch hängt die gesellschaftliche Wertung der Arbeit zu sehr von der Höhe ihrer Entlohnung ab. Noch genießen die unbezahlte Arbeit der Mutter in der Familie, die Nachbarschaftshilfe nicht die Anerkennung, die ihrer Funktion in der Gesellschaft zukäme. Wir stehen im Entwicklungsprozeß.
Der 1. Mai als Anstoß, lieber hierüber nachzudenken, als stereotype Wahlparolen nachzukau-en. Eine vertane Chance.
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