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Schamlos

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Ich begrüße (und unterstütze nach Möglichkeit) alle privaten Initiativen, vom Schicksal benachteiligten oder in Not geratenen Mitbürgern zu helfen und diese Menschen nicht der staatlichen Fürsorge zu überlassen. Auch ein noch so hoch organisierter Sozialstaat kann von der Idee her die persönliche, tätige, christliche Nächstenliebe nie ersetzen.

Ich halte Kinderdörfer, Caritas, die Katastrophenhilfe österreichischer Frauen, die Barmherzigen Brüder und ähnliche Institutionen ebenso wie spontane Hilfsgemeinschaften auf kleiner Ebene, von denen die Öffentlichkeit keinerlei Notiz

nimmt, für hochherzig und wirkungsvoll und freue mich über jede Million, zu der sie Spender in mühevoller Kleinarbeit motivieren können.

Wir alle wissen freilich, daß auch Dutzende, von diesen Institutionen aufgebrachte Millionen dort, wo die Not fast unendlich groß ist - Stichwort Erdbebenopfer - leider nur ein Tropfen auf den heißen Stein sein können.

Und so frage ich mich angesichts der Enthüllungen der letzten Wochen über die schier unfaßbare Vergeudung von Steuergeldern, was sich Politiker eigentlich dabei denken, wenn sie die privat aufgebrachten Millio- nen-Spenden (ohnehin aus Steuergeldern und nicht aus der eigenen Tasche!) um einen Betrag aufstocken, der die Größenordnung jenes hat, der beim Neubau des AKH für Nachtklubbesuche und Hostessenbetreuung ausgegeben wurde und sich dafür auch noch feiern lassen.

Ich verstehe, daß auch in einem Wohlstandsland wie Österreich die finanziellen Mittel für Behinderte, kranke und alte Menschen beschränkt sind. Es ist mir klar, daß die Mittel nicht ausreichen, um wenigstens ihre, durch die Lebensumstände bedingte, finanzielle Benachteiligung zur Gänze auszugleichen.

Ich frage mich allerdings, wie man ihre derzeitige Unter Versorgung hinnehmen und gleichzeitig den Bau eines ohnehin nicht zweckmäßigen und schon gar nicht dringend notwendigen Konferenzzentrums um siebeneinhalb Milliarden Schilling beschließen kann, ohne vor Scham in den Boden zu versinken.

Komme mir da keiner mit dem Arbeitsplatzsicherungsargument! Auch der Bau von Altersheimen, Kinderdörfern und behindertengerechten öffentlichen Einrichtungen beschäftigt die Bauwirtschaft. Auch die Aufbesserung des verfügbaren Einkommens benachteiligter Bevölkerungsgruppen stimuliert die Wirtschaft.

Im Interesse aller Hilfsbedürftigen im Inland kann man sich nur wünschen, daß die durch öffentliche Verschwendung ausgelöste Belastungswelle nicht die private Spendierfreudigkeit der Österreicher beeinträchtigt. Denn vom Staat haben sie in den nächsten Jahren ganz sicher keine Besserstellung zu erwarten.

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