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Scharf nach unten mild nach ohen?

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Zwei junge Komponisten trugen vor Gericht einen Plagiatsstreit atis. Franz Lehar war als Sachverständiger geladen. Die beiden Prozeßgegner spielten auf einem Klavier, das man in den Gerichtssaal gebracht hatte, ihre Kompositionen, die einander sehr ähnelten, vor. Nachher fragte der Vorsitzende: „Nun, Herr Lehär, wer ist hier der Geschädigte?“ Nach einigem Zögern antwortete Lehär: „Ich würde sagen, Jacques Offenbach!“ *

In Paris stellte der Abgeordnete Jean Fontaine in der Nationalversammlung einen Zusammenhang zwischen dem neuen Familienrecht und dem Ausbau der Sozialgesetzgebung her, als er erklärte: „Heutzutage ist es bereits leichter, sich von seiner Frau zu trennen als von einer Angestellten.“ *

„Ein Urteil läßt sich widerlegen, aber niemals ein Vorurteil.“

Marie von Ebner-Eschenbach

Dr. Hans Gürtler, einer der bekanntesten Wiener Anwälte der Nachkriegszeit, hielt bisweilen außergewöhnlich scharfe Plädoyers. Als er einmal so vernichtend argumentierte, daß der Staatsanwalt empört den Gerichtssaal verließ, wandte sich Gürtler triumphierend an die Geschworenen: „Von der Anklage, meine Damen und Herren, ist nichts übriggeblieben. Nicht einmal der Ankläger!

„Es gibt Staatsanwälte, die Christi Kreuzigung für richtig halten, weil ihn der Kollege Pontius Pilatus rechtskräftig verurteilt hat.“

Ludwig Thoma, 1901

In einem Kreis von Strafverteidigern, Staatsanwälten und Richtern wurde diskutiert, ob die Anklageschrift zur Wahrung der Objektivität statt von einem Mitglied des Gerichts, nämlich dem Schriftführer, nicht besser vom Staatsanwalt verlesen werden sollte. Da erhob sich der Anwalt Michael Stern, eines der ältesten und angesehensten Mitglieder der Wiener Advokatur, und meinte: „Meine Herren, lassen wir es doch so wie es ist. Der Schriftführer hudelt die Anklage so lustlos und leise herunter, daß die Geschworenen, Gott sei Dank, sowieso nur die Hälfte davon verstehen.“

„Das Recht hat die merkwürdige Eigenschaft, daß man es behalten kann, ohne es zu haben.“

Joseph Unger

„Worüber, ich mich immer wieder wundere, ist dies: Es gibt auf der Welt über dreißig Millionen Gesetze, um die Zehn Gebote durchzuführen.“

Albert Schweitzer, 1949

Allmählich kehrten wieder geordnete Verhältnisse ein; auch für Kriminalisten. Als im Jahre 1949 in Wien eine Banknotenfälscherbande aus-

gehoben wurde, sagte Oberpolizeirat Dr. Robert Heger vom Sicherheitsbüro: „Gott sei Dank, wir werden wieder normal. Sie fälschen schon wieder Geld und keine Brotkarten mehr.“

Eine neue Generation von Juristen wuchs heran. Der junge Heinrich Gleißner, der inzwischen Botschafter im österreichischen Außenamt geworden ist, studierte in Innsbruck die Rechte und frequentierte denselben Pauker, der bereits seinen Vater, den späteren Landeshauptmann von Oberösterreich, unterrichtet hatte. Beim ersten Besuch in Linz während der Semesterferien fragte der Vater: „Jetzt sag einmal, wie ist denn der Pauker mit dir zufrieden?“ - „Naja“, antwortete der Sohn, .jedesmal wenn ich etwas nicht kann, sagt er: ,Ihr Herr Papa hat immer alle Antworten gewußt!1 “ - „Merkwürdig“, meinte daraufhin Vater Gleißner, „bei mir hat er immer gesagt: .Gleißner, Sie bestehen nur aus Wissens- , lücken!1 “

„Wenn man alle Gesetze studieren sollte, so hätte man gar keine Zeit, sie zu übertreten.“

Johann Wolfgang von Goethe

Dem Schriftsteller Roda Roda war von der Zensurbehörde ein Stück verboten worden. Er ging zu dem zuständigen Hofrat und erklärte ihm: „Ich nehme das Verbot nicht hin. Ich werde seine Gründe bekämpfen, widerlegen und vernichten.“ - „Wie wollen Sie das machen“, sagte der Beamte, „Sie kennen die Gründe ja gar nicht.“ - „Aber die müssen doch im Zensurerlaß stehen“, meinte der Schriftsteller. - „Merken Sie sich eins“, belehrte ihn der Hofrat, „die Gründe behalten wir stets für uns. In den Erlässen stehen immer nur unsere Ausreden.“

In Leningrad verteidigte nach der Oktoberrevolution der Anwalt Gu- rowitsch eine Gruppe von „Konter-

revolutionären“ und wurde vom Staatsanwalt angeherrscht: „Wo sind Sie während der Zarenzeit gestanden?“ .

Gelassen erwiderte Gurowitsch: „Dort, wo ich auch heute stehe, auf der Seite der Angeklagten!“

„Der Gesetzgeber soll denken wie ein Philosoph, aber reden wie ein Bauer.“

Rudolf von Ihering

Über den IV. Senat des Reichsgerichts, der sich mit politischen Delikten befaßte, spottete Tucholsky: „Der

Erfinder Gustav Papenstrumpf aus Niederschöneweide hat einen Apparat erfunden, der die gesamte Tätigkeit des IV. Reichsgerichts-Senats automatisch verrichtet. Von der Einführung ist jedoch abgesehen worden; der IV. Senat macht das genausogut wie ein Automat.“

In Österreich ging es nach Ansicht der „Arbeiter-Zeitung“ nicht viel anders zu. Sie brachte im Jänner 1924 folgende imaginäre Urteilsberatung: „Der Sozialdemokrat hat dem Ha- kenkreuzler gesagt: .Stecken S’ den Revolver ein, sonst geht er am End’ noch los! Also gefährliche Drohung, zwei Monate Kerker! - Der Haken- kreuzler hat g’schossen, weil er sich vor der Drohung g’fürcht hat.. Also Freispruch!1 “

„Etwas ist nicht recht, weil es Gesetz ist, sondern es muß Gesetz sein, weil es recht ist.“

Montesquieu

Auch im amerikanischen Kongreß sitzen viele Anwälte. Einer von ihnen, Senator Samuel Ervins aus North Carolina, hatte den Mut, frühzeitig gegen die Praktiken des „Hexenjägers“ McCarthy aufzutreten. Er sagte dazu im Senat: „Bei uns zu Hause in North Carolina hat einmal ein alter erfahrener Anwalt einem jungen Kollegen folgenden Rat gegeben: .Spricht in einem Prozeß die Rechtslage für dich, dann stütze dich auf die Rechtslage. Spricht dagegen das Beweismaterial für dich, so stütze dich auf das Beweismaterial.1 Daraufhin hat der junge Anwalt gefragt: ,Und was mache ich, wenn weder die Rechtslage noch die Beweismittel für mich sprechen?1 - .Junger Freund', belehrte ihn der erfahrene Kollege, .dann schlage mit der Faust auf den Tisch und beginne zu schreien. Vielleicht lenkt das die Geschworenen von der Aussichtslosigkeit deines Falles ab.' An diesen Rat erinnert mich Senator McCarthy. Die Rechtslage ist gegen ihn, die Beweismittel sind gegen ihn, also schlägt er mit der Faust auf den Tisch und schreit!“

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