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Schatten Europas

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Die Union der Maghreb-Staaten Algerien, Libyen, Marokko, Mauretanien und Tunesien, die vor wenigen Monaten verwirkUcht wurde, kam aus Angst vor der europäischen Einheit zustande. Europas bevorstehender Zusammenschluß schlägt hohe Wellen, die tief in Afrika als Flutwellen auftreten. Jahrzehntelang haben sich die Maghreb-Staaten befehdet, nun rücken sie auf einmal zusammen. Dem Wirtschaftsblock Europa möchte man einen eigenen entgegensetzen.

Die Gipfelkonferenz der Arabischen Liga im Juni in Casablanca stand im Schatten des vereinten Europa. Viele Araber meinen, wenn sie bei den Entwicklungen in Südostasien und in Westeuropa noch irgendwie mithalten wollen, müssen sie endUch ihre Kleinkriege beilegenJ>en Schwarzafrikanem ist jedoch die Arabische Liga seit jeher ein Dom im Auge. Aus ihrer S^cht sieht das so aus, als sei ein Teil Afrikas abgetrennt und mit Asien verbunden.

Viele afrikanische Staatsmänner haben es satt, daß die Nordafrikaner stets arabische Konflikte in die Organisation der Afrikanischen Einheit (OAU) einbringeiL Dort ist man zwar gem bereit, sich mit den Palästinensern solidarischzu erklären, möchte aber doch als Afrikaner einmal unter sich sein und sich ausschheßUch afrikanischen FVagen widmen.

Oberst Gadaffi hält die „schwär^ zenBrüder“ im Süden zweifelsohne für wichtig. Ob er sie wirklich für voll nimmt, steht auf einem anderen BlattEr hat immerhin begriffen, daß die schwarzen Nachbarn im Süden auf arabische Blockbildung allergisch reagieren, deshalb hieß zum Beispiel die längst wieder zerfallene Union zwischen Libyen und Marokko „Afrikanisch-Arabische Einheit“ und der Diktator von Tripolis ist stets darauf erpicht, schwarzafrikanische Staaten in seine Eioheitsbestrebungen miteinzu-beziehen.

Auf der anderen Seite ist er der Haiq>tverantworthche für die afrikanischen Bedenken gegen die Araber. Sein Versuch einer Eroberung des Tschad hat ihn gründhch diskreditiert, ebenso seine Intervention in Uganda und all die hbyschen Wühlarbeiten im Senegal, in Niger, Burkina Faso, Burundi und Kenia.

Seine Versuche, mehrere afrikanische Staatsoberhäupter dazu zu bewegen, zum Islam überzutreten, stellten nicht nur ihn selbst als unverschämt und imreif bloß, sondern erhärteten auch die Ressentiments gegen den Islam als Instrument des arabischen Imperialismus.

Ein gewisses Gegengewicht zu Gadaffis Großkotzigkeit und Unberechenbarkeit stellt König Hassan n. von Marokko dar. Er darf als afrophil bezeichnet werden. Seine Mihtärberater und Spezialgarden spielen in mehreren afrikanischen Staaten eine ausschlaggebende Rolle. Von der WeltöffentUchkeit wenig zur Kenntnis genommen, hat König Hassan sogar versucht, auf diskrete Weise dem Einfluß Fidel Castros entgegenzuwirken. Zaires Mobutu ist Marokko ebenso verpflichtet wie Omar Bongo von Gabun. Mauretanien und Senegal gelten dem marokkanischen König wie Kinder, die flügge werden. Wenn es not tut, ist Marokko als erstes Land zur Stelle, um Hilfe zu leisten, wie im Fall der jüngsten Umruhen.

Eine besondere IVagik der jüngsten Ereignisse mag darin gesehen werden, daß die ölreichen arabischen Staaten seit 1986 ernste Anstrengungen unternommen haben, den schwarzen Glaubensbrüdem am Rande der Sahara aus der Misere zu helfen. Selbst noch Entwicklungsländer, haben besonders Kuwait und Saudi-Arabien gewaltige humanitäre Leistungen vollbracht, um die Not der Dürrekatastrophe zu mildem - von Äthiopien bis Mali. Für die vielen in den siebziger und achtziger Jahren mit Öldollars aufgebauten internationalen Oiganisatio-nen des Petro-Islam war das ein erster Test, der erfolgreich bestanden wurde. Es ergab sich ein neues Bewußtsein der VerantwortUchkeit gegenüber den armen nichtarabischen Glaubensbrüdem, ein Bewußtsein, an dem es zuvor mangelte, und dessen Mangel bei den Afrikanern viel Bitterkeit erzeugte.

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