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Schaumgebremster Landeswahlkampf

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In Niederösterreich geht in dieser Woche der kürzeste Landtagswahlkampf seit 1945 zu Ende. Obwohl vor allem die beiden Regierungsparteien ÖVP und SPÖ in den Wochen nach dem Papstbesuch alles taten, um die Wähler für sich zu mobilisieren — die „Wahlkampf-Fieberkurve“ im Land unter der Enns zeigt bestenfalls auf „erhöhte Temperatur“.

Fast ist man geneigt, die Konterfeis der Spitzenkandidaten, die allüberall von den Plakatwänden lächeln, für das einzige Symptom der bevorstehenden Wahlen zu halten. Landeshauptmann Ludwig, ÖVP, blickt zuversichtlich in die Ferne. „Gebt mir die Hand für unser Land“, wirbt er. Und setzt damit den Slogan fort, den die VP schon im Sommer in Nö trommelte: „Unser Land in guter Hand“. Womit natürlich Ludwigs Hand gemeint war.

Ludwig-Herausforderer, SPÖ- Landesobmann LHStv. Leopold Grünzweig, lächelt seinen potentiellen Wählern von den Plakatwänden direkt ins Gesicht. Er wird von den SP-Werbestrategen als „erfahren, ehrlich, zielstrebig“ angepriesen. Während die FPÖ in Niederösterreich ihren neuen Spitzenmann, den Weinbauern Sepp Hintermayer, schlichtweg als „Der Hintermayer“ hochstilisiert. Und damit einen Bekanntheitsgrad voraussetzt, der einfach nicht gegeben ist.

Natürlich lenkte in den letzten Wochen gelegentlich auch ein Lautsprecherwagen die blau-gelben Landesbürger von ihrer Alltagsarbeit ab. Er lud zu Parteiveranstaltungen. Und wenn auch nicht für Höhepunkte im Wahlkampf, so doch für Unruhe sorgte die „rote“ „Zeitung am Sonntag“, die in den Skandalen wühlte, die Niederösterreich angeblich der ÖVP verdankt. Gemeint ist eine Reihe von Spekulationsgeschäften, die vom ehemaligen Management der Landes-Hypobank getätigt wurden, und der WBO-Skan- dal. Wegen seiner Verwicklung in diesen wurde Ludwigs erster VP- Landesparteisekretär, Walter Zimper, vom Eisenstädter Landesgericht im ersten WBO-Pro- zeß zu drei Jahren verurteilt. Die Urteilsbegründung erging - pikanterweise — erst schriftlich am Mittwoch der Vorwoche.

Aber ÖVP und SPÖ blieben sich in diesem Wahlkampf nichts schuldig. In Inseraten wurde Leopold Grünzweig von der ÖVP bezichtigt, er wolle die Verschwen- dungs- und Belastungspolitik der Bundesregierung auch im Land etablieren. Hingegen anonym war jenes Kärtchen, das unlängst vielen Haushalten in Niederösterreich zugestellt wurde. Es zeigte ein Ludwig- Plakat, auf dem eine

Riesenhand Geldscheine (statt wie auf dem Originalplakat das Land Niederösterreich) hält. Darunter steht: „Unser Land in seiner Hand!“ und es wird behauptet, daß die Herrschaft Ludwigs die Niederösterreicher bereits „2500 Millionen Schilling gekostet“ habe.

ÖVP-Landesparteisekretär Gustav Vetter (Zimpers Nachfolger) wittert hinter dieser Karte die Hand von SPÖ-Landespartei- sekretär Max Strache. Beweise gibts nicht. Aber diese Affäre beweist nur, daß dieser kürzeste Wahlkampf keineswegs der billigste war, wie die ÖVP behauptet. Man munkelt, daß die Lan- des-„Schwarzen“ in den vier Wochen Intensivwerbung an die 30 Millionen Schilling ausgegeben haben sollen. Bei der SP dürfte es kaum viel weniger gewesen sein.

So recht will also keine Stimmung aufkommen, obwohl die Wahl vom 16. 10. eigentlich ein spannendes Rennen werden müßte. Denn im aufgelösten Landtag hatte die VP mit 29 Mandaten nur einen Vorsprung von zwei Sitzen gegenüber der SPÖ (27 Mandate). Und bei den Landtagswahlen 1979 hatte die SP der VP zwei Mandate abgenommen. Ein Mandat für die SPÖ mehr—und der neue Landeshauptmann könnte Leopold Grünzweig heißen.

Aber niemand glaubt so richtig daran, daß die SP ihren Siegeszug von 1979 fortsetzen kann. Angriffe gegen die VP-Vormacht hat sie in der abgelaufenen Legislaturperiode viele geführt. Aber als echte Alternative konnte sie sich schon deshalb nicht profilieren, weil sie die wichtigen Landesgesetze als Regierungspartei mitzuverantworten hat.

In der ÖVP herrscht eine gewisse Siegesstimmung. Man hofft auf den Gewinn zumindest eines Mandates. VP-Landesparteise- krętar Vetter und Parteichef Ludwig versuchen durch Zweck-Pessimismus Wähler und Funktionäre bei der Stange zu halten.

Um einen Platz im Landtag kämpft wiederum die FPÖ. Sie gewann 1979 im ganzen Land 28.700 Stimmen, doch errang sie kein Mandat.

Groteske am Rand: in drei Wahlkreisen wird die KPÖ (1979 nur 7034 Stimmen) auf den Stimmzetteln auf Platz drei aufscheinen, weil sie ihre Kandidatur früher als die anderen Kleinparteien bekanntgegeben hat.

Zur Wahl stellen sich am Sonntag in zwei Vierteln auch die Vereinten Grünen und die Alternative Liste. Die „Grünen“ wollen die 14.000 Stimmen halten, die sie bei den Nationalratswahlen erzielten. Die „Alternativen“ wären schon froh, wenn sie ein Prozent aller Stimmen auf sich vereinigen könnten. Bei den Nationalratswahlen heuer im Frühjahr erhielten sie mit ganzen 8336 Stimmen nur 0,88%.

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