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Schicksalsort Fabrik

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Ein vorzüglicher Bildband. Der Autor, Historiker und Kulturwissenschaftler, bemerkt zu seiner Überraschung, wie stark sich „einige Grundstrukturen, die auch die gegenwärtigen Entwicklungen bestimmen“, durchhalten: vom 18. zum 20. Jahrhundert.

Arbeiter, Frauen, Kinder, Männer, sehen uns an — ungeschminkt: „Die Fotografien wurden originalgetreu in ihrem Erhaltungszustand reproduziert.“

Ein Festgedicht, gewidmet Herrn J. A. Ritter v. Maffei von den Arbeitern der Maschinen- Fabrik zu Hirschau bei München - als Ausdruck der Freude über den Sieg der „Locomotive Bavaria“ am 24. September 1851: „Ba- varias Sieg tönt durch die deutschen Lande/Tönt selbst hinüber zu der Britten Strande“. Zwei Verse, schlicht, den großen Konkurrenzkampf des aufstrebenden Deutschland mit England ansagend.

Das „Festwort“ schließt: „Heil unserem weisen Schirmer und Berather/Dem großen Bürger, unsrem guten Vater“. Der Patron, der Fabrikherr, wird als der neue Vater stilisiert und tritt neben und an die Stelle der alten Väter Gott, Kaiser, König.

Die Zeit der alten Väter ist vorbei. Die „vaterlose Gesellschaft“ ist heute gerade in der „Fabrik“ präsent: streikende Arbeiter in der Bundesrepublik Deutschland 1983. Und kein neuer Vater ist in Sicht.

Überwältigend in diesen Fotografiten des 19. und 20. Jahrhunderts ist, wie da die „Disziplin“ sichtbar wird: die Arbeiterheere, die Frauėn-Bataillone, sitzend, stehend in den Fabrikshallen. — Die sichtbare Gleichschaltung des Menschen, der sich verdingt, zum Ding, zur Sache, zur Ware wird.

Und dies: der Wille zur Einpassung, zum Mit-Machen. Kampf heute: um einen Platz, einen Arbeitsplatz zu finden, an dem diese Einpassung stattfindet. Fabrik: Letztes Schicksal vieler „unserer“ Mitmenschen...

DIE FABRIK. Geschichte von Arbeit und Industrialisierung in Deutschland. Von Wolfgang Ruppert. Verlag C. H. Beck, München 1983. 312 Seiten mit 278 Abb., Ln., öS 526,80.

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