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Schiffahrt im Aufwind

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URCHE: Herr Generaldirektor, welche Konsequenzen ergeben sich aus der Sicht der Schiffahrt, wenn das ungarische Kraftwerk Nagymaros nicht gebaut wird? Beeinträchtigt der Stopp beispielsweise die Schiffbarkeit des Rhein-Main-Donaukanals?

HELMUT ZOLLES: Aus unserer Sicht ergeben sich folgende Probleme: Schiffe als Transportmittel sind umso rentabler, je größer die Verbände sind, die fahren. Wir können solche Großverbände aber nur benutzen, wenn es weniger Strömungen gibt. Kraftwerke nehmen diese gefährlichen Strömungen weg. Das ist der eine Punkt.

Der zweite sind Untiefen, die die maximale Abladetiefe eines Schiffes bestimmen. Die Rentabilität hängt auch davon ab, ob wir Schiffe voll beladen können oder nicht. In Ungarn gibt es noch eine solche Untiefe, die durch das Kraftwerk Nagymaros überstaut worden wäre. Jetzt wird man auf anderem Wege versuchen müssen, die Schiffahrtsrinne zu gewährleisten. Da liegt nämlich ein gravierender Nachteil dem Rhein gegenüber. Dieser hat eine Fahrrinne, wo man ganzjährig mit vollbeladenen Großverbänden fahren kann. Behindert wird durch einen Baustopp der Rhein-Main- Donau-Kanal zwar nicht, denn die Europakähne können auf jeden Fall fahren. Aber es hätte für die Schiffahrt bessere Rahmenbedingungen gegeben. Die entscheidende Frage für unsere Rentabilität ist, wieviele solcher Europakähne können zu einem Verband zusammengeschlossen und voll beladen werden.

FURCHE: Welche Chancen ergeben sich für die DDSG durch den Rhein-Main-Donau-Kanal?

ZOLLES: Es gibt schon jetzt beim Frachtschiffverkehr positive Entwicklungen, ebenso bei der Personenschiffahrt. Wir haben beispielsweise im Vorjahr mit 3,5 Millionen Tonnen eine Rekordtonnage in der Geschichte der DDSG gehabt. Durch die Fertigstellung des Kanals 1992 wird der Güterverkehr zwischen Ost- und Westeuropa sicherlich zunehmen, und zwar über den Bereich Massengüterbeförderung wie Kohle, Erze oder Getreide hinaus. Der Transport mit Containern wird zunehmen, ebenso die Chemieschiffahrt. Daher wäre es eben wichtig, die Donau als Schiffahrtsweg voll auszubauen. Wir verstehen in diesem Zusammenhang die Kraftwerke nicht als Energielieferanten, sondern als die Garan-

ten für Schiffahrtswege. Durch sie werden notwendige Abladetiefen oder Fahrrinnen geschaffen.

FURCHE: Sie verhandeln bereits mit der CSSR über den Transport von Chemikalien. Wird jetzt der Transport von giftigen Stoffen von der Straße auf die Flüsse forciert? Gibt es entsprechende Sicherheitsvorkehrungen?

ZOLLES: Schiffe sind die ener- giesparendsten, umweltschonend- sten und sichersten Transportmittel. Pro beförderter Tonne braucht man den geringsten Energieeinsatz. Mit Doppelwandschiffen ist der Transport auch wesentlich sicherer als auf der Straße.

FURCHE: Sind Umweltkatastrophen, wie sie derzeit auf den Weltmeeren passieren, zu vermeiden?

ZOLLES: Die Sicherheitsbestimmungen für die Donau sind sehr hoch. Es ist zum Beispiel nicht möglich, ohne Patent zu fahren. Die Bestimmungen müssen natürlich eingehalten werden und wir sind bekannt dafür, daß wir das auch immer getan haben.

FURCHE: Ist die DDSG für diese neuen Geschäfte gerüstet?

ZOLLES: Das ist eine Frage der Investitionen in Schiffe und die Organisation. Wir planen ein komplettes Informationssystem, das die einzelnen Häfen vernetzt. Wir haben zum Beispiel gute Kontakte zum Hafen Krems. Vielleicht können wir gemeinsam im Ausland investieren. Das alles kostet natürlich Geld und als staatliches Unternehmen sind wir auf Subventionen angewiesen.

Durch den Rhein-Main-Donauka- nal wird es andererseits für uns mehr Konkurrenzdruck geben. Dem versuchen wir jetzt schon strategisch zu begegnen. So hat die DDSG beispielsweise kürzlich mit dem Stadtlagerhaus Regensburg zusammen die Lagerei- und Schiffahrtsgesellschaft gegründet. Durch diese Kooperation können wir verstärkt an der erweiterten deutschen Binnenschiffahrt teilhaben, während die DDSG den Regensburgern die guten Beziehungen zum südosteuropäischen Raum zur Verfügung stellt. Es wird durch die Öffnung des Ostens auch mehr Möglichkeiten für joint-ventures in der Schiffahrt geben.

FURCHE: Ist auch daran gedacht, den Plan eines Donau-Oder-Kanals zu verwirklichen?

ZOLLES: Dieser Kanal ist in der ECE, der europäischen Wirtschaftskommission der UNO, als wichtiges Projekt vorgesehen. Ich kann mir; vorstellen, daß diese Idee nach Fertigstellung des Rhein-Main-Donau- Kanals wieder interessant wird.

Mit dem Generaldirektor der Ersten Donau* Dampfschiffahrts-GeseUschaft, Helmut Zolles, sprach Elfi Thiemer.

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