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Schnaps-Gipfel

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Staunend konnte der Fernsehzuschauer schon Tage vorher verfolgen, welchen enormen Aufwand — allein an Sicherheitsmaßnahmen — die Zusammenkunft der zehn Staats- und Regierungschefs der Europäischen Gemeinschaft in Dublin verursachte.

Worüber aber wurde in Dublin letzte Woche wirklich stundenlang verhandelt? Uber das Problem der Arbeitslosigkeit in Europa, über die technologische Abhängigkeit von den USA und Japan, oder gar über Umweltfragen? Wenn man Berichten seriöser Korrespondenten glauben darf, ging es in Dublin in erster Linie um Wein und Schnaps. Genauer gesagt: Um die Frage, auf welche Art und wie stark Wein aus der Bunderepublik, der mengenmäßig in der EG eine völlig untergeordnete Rolle spielt, aufgezuckert werden darf und ob die EG auch die Kosten einer eventuellen Verspritung (Schnapsdestillation) zu tragen hat. Ja, und am Rande ging es dann auch noch um die Frage, wie viele Millionen Mark oder was immer Papandreou für Griechenland an Agrarhilfe für eine Zustimmung zu einem Beitritt Portugals und Spaniens herausschinden kann.

Wenn man sich die Resultate der sechzehn Gipfeltreffen der Europäischen Gemeinschaft seit 1980 anschaut, wird man ganz einfach zu ätzenden Bemerkungen provoziert. Fast immer wurde um Geld gestritten, nie aber hatte man das Gefühl, daß die wirtschaftliche Integration der Mitglieder auch nur ein Jota vorankam.

Nach wie vor ist die Agrarfrage ungelöst, obwohl die Aufrechterhaltung der EG-Agrarmarktordnung zwei Drittel des gesamten EG-Budgets verschlingt und solcherart der Eindruck entsteht, es handle sich bei der EG um eine agrarische Interessengemeinschaft.

Und nach wie vor ist es beispielsweise unmöglich, daß Frankreich seine Hochgeschwindigkeitszüge an die Deutsche Bundesbahn oder Philips Telefone an die französische Post liefert.

Solange im Ministerrat der EG Einstimmigkeit bei Beschlüssen notwendig ist — der scheidende Präsident der EG-Kommission, Gaston Thorn, nannte das die .Erbsünde der EG" -, wird sich daran wenig ändern...

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