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Schon Schüler trinken Alkohol

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Das Linzer „Schul- und Erziehungszentrum” hat eine erschütternde Studie veröffentlicht. Ein Drittel aller 14- bis 15jährigen trinkt regelmäßig Alkohol, im Polytechnikum fast 40 Prozent der Burschen und 17 Prozent der Mädchen. Motive dafür seien „Gruppendruck”, das Bedürfnis, erwachsen zu erscheinen, und Schwierigkeiten in der Schule. Ein unrühmlicher Rekord: Österreich liegt in Westeuropa mit diesen Zahlen an der Spitze.

Ist nur die Jugend schuld? Es wächst eine Generation heran, die früh über viel Taschengeld verfügt. Wer aber müht sich, sie zu einem verantwortungsvollen Umgang mit Geld zu erziehen? Erkaufen sich nicht Eltern manchmal mit Geld die Gunst ihrer Kinder oder Ungestörtheit?

Zahlungskräftige Jugendliche werden von der Wirtschaft als potentielle, unbekümmerte Käufer kräftig umworben. Einmal zum Konsum vieler Genußmittel verlockt, scheint der Schritt zum Alkohol nicht groß. Zumal alkoholische Getränke meist billiger sind als andere.

„Erwachsen” sein zu wollen heißt, es ebenso zu tun wie die Großen. Wenn nun 200.000 in Österreich nachweislich (wer kennt die Dunkelziffer?) alkoholkrank sind, kann sich die Gesellschaft der Mitschuld schwerlich entziehen.

Und dann der „Frust” in der Schule. Leistungsdruck und zuwenig Zuwendung der Lehrer.

Solche Vorwürfe sind nicht neu. Ist aber nur die Schule schuld? Viele Schüler sind heute überfordert, weil sie nicht mehr leistungsfähig genug sind. Ein hoher Prozentsatz kommt aus gestörten Familienverhältnissen, wird durch den „modernen” Lebensrhythmus überreizt und zerfahren. Und was die menschliche Zuneigung der Lehrer anlangt, so bemühen sich diese heute mehr als früher. Aber das Bedürfnis, umsorgt zu werden, wächst bei den Schülern, weil ihnen die Nestwärme zu Hause häufig fehlt. Rührt da nicht auch der „Frust” der Lehrer her, daß sie so oft supplieren müßten, was heute Eltern versäumen?

Als „Therapie” wurde unter anderem pro Woche eine Schulstunde „Lebenskunde” gefordert. Ob damit das Übel an der Wurzel gefaßt wird? Die alarmierende Studie ist auch eine Anklage an die Gesellschaft. Schließlich wächst jede Generation so heran, wie sie die vorhergegangene erzogen oder auch vemachläßigt hat. Und selbst die angeblich unwägbaren „Miterzieher”, wie Werbung, Medien und geistiges Umfeld sind ausschließlich Produkte dieser Gesellschaft.

Bleibt nur zu hoffen, daß der größere Teil der Jugend gerade aus Protest gegen solche Auswüchse der Gesellschaft bewußt anders lebt. Und daß von dort ein neuer „Gruppendruck” entsteht, der die Gefährdeten immunisiert.

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