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Schubumkehr bei der ÖVP

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Der Österreichischen Volkspartei droht das Schicksal der Boeing 767 der Lauda Air, wenn der makabre Vergleich erlaubt ist: Absturz und Auflösung in mehrere Teile. Alle Tage eine Schubumkehr im freien Flug: Das hält die stärkste Partei nicht aus. Und stark ist sie ohnehin nicht mehr.

Wie schon des öfteren droht ihr nun auch der jüngste Skandal einer anderen Partei zum Sargnagel zu werden. Die Forderung, eine Kärntner Koalition unter Landeshauptmann Jörg Haider nicht fortzusetzen, ist von Anstand und Patriotismus diktiert. Sie mußte einfach sein.

Aber ebenso stark ist in weiten Kreisen der ÖVP Kärntens die Auffassung, daß man die Chance, nach 45 Jahren praktisch sozialistischer Alleinherrschaft einmal „bürgerlich” zu regieren, nicht schon nach zwei Jahren wieder fahren lassen dürfe. Daher wäre die Schlußfolgerung logisch: Fortsetzung der ÖVP-Koalition mit den Freiheitlichen, aber unter einem anderen Landeshauptmann.

Logisch ist nicht immer realistisch. Jörg Haider spielt da nicht mit. Er setzt auf Neuwahlen und er weiß, daß er diese (aus einer Vielzahl von Gründen) haushoch gewinnen würde. Wie aber soll man dann dem Ausland erklären, daß dennoch nur Jörg Haider und nicht auch viele andere Österreicher sich vom Dritten Reich nicht lösen können?

Dieses Dilemma könnte die Kärntner ÖVP zerreißen. Diese Risse quer durch die Bundespartei sind ohnehin seit Wochen sichtbar. Was sich im Vorfeld des Parteitags abspielt, der einen neuen Bundesparteiobmann wählen muß, gleicht einer antiken Tragödie. Die Verfeindung der Lager hat dramatische Ausmaße angenommen (oder besser gesagt: sichtbar gemacht). Blanker Haß regiert einen Teil der Busek-Bekämpfer. Allmählich wird es unvorstellbar, daß diese Kluft nach dem Parteitag heilbar sein sollte. Nie zuvor in der Geschichte der ÖVP ist so offen wie heute von der Möglichkeit einer Aufspaltung in mehrere Parteien, ja sogar von den (vermeintlichen) Vorteilen einer solchen Entwicklung.gesprochen worden.

Da fehlt jetzt nur noch, daß Bundespräsident Kurt Waldheim seine Wiederkandidatur ankündigt. Ein Teil der ÖVP-Anhänger würde es der Parteiführung nicht verzeihen, wenn sie eine solche nicht unterstützte. Ein anderer Teil würde ihr nie verzeihen, wenn sie es täte. Das ist ein unumstößliches Faktum. Es würde die Partei ein drittes Mal zerreißen.

Die Krise der Volkspartei ist eine Krise für das politische System in Österreich, denn die Auswirkungen würden weit über diese Partei hinausreichen. Angesichts des Haiderschen Übermuts reduzieren sich die Alternativen, ohne daß die Chancen wüchsen für eine Wiederbelebung der halben Leiche ÖVP. Ein Trauerspiel.

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