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Schützenhilfe gegen die eigenen Genossen

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Universitätsprofessor Walter B. Simon setzte sich in der FURCHE 14/1980 sehr kritisch mit der vom Karl-Renner-Institut herausgegebenen und zwischenzeitlich beschlagnahmten Broschüre „Gefahr von rechts” auseinander. Simon, selbst Mitglied der SPÖ, forderte seine Partei zu einer kritischen Stellungnahme heraus. Zu Wort gemeldet hat sich nun der Autorder Broschüre, Wolfgang Neugebauer. Ersieht in Simons Meinungsäußerung einen „eklatanten Verstoß gegen den im SPÖ-Programm enthaltenen Grundwert der Solidarität”.

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Universitätsprofessor Walter B. Simon setzte sich in der FURCHE 14/1980 sehr kritisch mit der vom Karl-Renner-Institut herausgegebenen und zwischenzeitlich beschlagnahmten Broschüre „Gefahr von rechts” auseinander. Simon, selbst Mitglied der SPÖ, forderte seine Partei zu einer kritischen Stellungnahme heraus. Zu Wort gemeldet hat sich nun der Autorder Broschüre, Wolfgang Neugebauer. Ersieht in Simons Meinungsäußerung einen „eklatanten Verstoß gegen den im SPÖ-Programm enthaltenen Grundwert der Solidarität”.

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Simon zitiert Orwells Ausspruch-über „Linke”, die „Antifaschisten sein wollen, ohne antitotalitär zu sein”, und spricht selbst von „antidemokratischen Extremisten, die sich als .Antifaschisten' oder rAntikommunisten' tarnen, um Demokraten irrezuführen”.

Mir ist unerklärlich, wie Walter B. Simon zu einer solchen Einschätzung meiner politischen Gesinnung kommen kann.

Zur Klarstellung meiner Einstellung möchte ich nur eine relevante Passage aus meinem Beitrag „SPÖ und Antifaschismus” im demnächst erscheinenden Buch „Roter Anstoß” (Verlag Jugend und Volk) zitieren:

„Freilich darf auch die internationale Solidarität nicht auf einem Auge blind sein und muß sich auf die demokratische und sozialistische Opposition in Osteuropa ebenso erstrecken wie auf Verfolgte, Diskriminierte und Unterdrückte in demokratischen, mitunter

Gefahr von rechts

Umstrittene und beschlagnahmte SPÖ-Broschüre (Titelblatt) sozialdemokratisch regierten Ländern. Die politische Vernunft erfordert auch eine klare Abgrenzung von dem sich linksextrem gebenden internationalen Terrorismus, dessen Helfershelfer unter dem Deckmantel des Antifaschismus operieren.”

Simon unterstellt mir, daß in der Broschüre die „demokratische Gesinnung aller, die keine Sozialisten sind, in Frage gestellt” wird. Gerade als Mitarbeiter des (überparteilichen) Dokumentationsarchivs des österreichischen Widerstandes weiß ich nicht nur die Zusammenarbeit demokratischer Kräfte im Widerstand und während der Verfolgung zu würdigen, sondern versuche auch, eine solche Zusammenarbeit in der Gegenwart zu praktizieren.

Die grundsätzlich positive Einschätzung der ÖVP als demokratische und antifaschistische Kraft kann mich jedoch nicht davon abhalten, meine Meinung als Sozialist zu bedenklichen Erscheinungen, wie ich sie durch die Tätigkeit von Karl Steinhauser und Hans Pretterebner in der ÖVP gegeben sah, zu äußern. Ich darf es wohl als Bestätigung dieser meiner Einschätzung auffassen, wenn sich die ÖVP inzwischen von diesen Extremisten getrennt hat.

Im übrigen betrachte ich auch die FPÖ - wie aus meinem Beitrag „Die FPÖ - zwischen rechtsextrem und liberal” hervorgeht - nicht als rechtsextreme Partei, sehe aber dort solche Tendenzen (Scrinzi, Ofner) gegeben.

Die kritisierte Broschüre dokumentiert nicht nur - wie Walter B. Simon irrtümlich meint (und daraus falsche Schlüsse zieht) - „Erscheinungen des Nazismus in Österreich”, sondern versucht das gesamte, breite und differenzierte Spektrum von Neonazismus bis zum Rechtskonservatismus - in deutlich getrennten Kapiteln - zu behandeln.

Auf die Ausführungen von Walter B. Simon über mein Geschichtsbild der Ersten Republik, das die „Demokratie gefährdet”, kann ich aus Platzgründen nicht näher eingehen, umso mehr, als das nicht Thema der Broschüre war.

Was den von Walter B. Simon kritisierten „Geist marxistischer Offenbarung” meiner Broschüre anlangt, so möchte ich mit Bruno Kreisky antworten, der am Parteitag der SPÖ 1978 den österreichischen „Antimarxismus” wie folgt charakterisierte:

„Gemessen an der Einmaligkeit dieser Erscheinung, ist insbesondere der österreichische .Antimarxismus' ein klägliches spießbürgerliches Phänomen.”

Als Autor der beschlagnahmten Broschüre „Gefahr von rechts” bin ich bzw. das Dr.-Karl-Renner-Institut von Herrn Hans Pretterebner mit Klage bedroht. In der Situation eines schwebenden Verfahrens einem Pretterebner offene Schützenhilfe gegen eigene Genossen zu leisten, ist - abgesehen vom formalen Bruch des Statuts der SPÖ -meines Erachtens ein eklatanter Verstoß gegen den im SPÖ-Programm enthaltenen Grundwert der Solidarität. WOLFGANG NEUGEBAUER

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