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Schularbeiten wie bisher

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Seit dem neuen Schulunterrichtsgesetz wird von allen Seiten darauf hingewiesen, daß die darin enthaltenen Forderungen nach Partnerschaft, nach Zusammenarbeit von Schülern, Eltern und Lehrern die Grundlage des heutigen Schullebens sind. Sicher, die Schulgemeinschaften und Schulgemeinschaftsausschüsse sind rechtlich ein großer Fortschritt. Doch echte Partnerschaft kann nicht befohlen, nur gelebt werden. Befohlen wird aber — hoffentlich bald — eine vernünftige innere Schulreform.

Eine Voraussetzung für dieses gemeinsame Engagement in der höheren Schule ist eine Emanzi-

pation der verantwortlichen Personengruppen. Und dafür muß wohl einiges geändert werden.

Der Lehrer zum Beispiel ist ja heute weit mehr mit administrativem Bürokram überlastet denn mit pädagogischen Aufgaben. Die Schule selbst ist in ihrer Eigenverantwortung und Selbständigkeit ständig von übergeordneten Stellen gestört. Der Elternkontakt beschränkt sich auf zwei Sprechtagejährlich.undder Schüler bekommt kaum Freiraum für eigeninitiative Aktivitäten.

Der jetzt so strapazierte Begriff der .inneren Schulreform geht nun aber wesentlich von einer freundschaftlichen Zusammenarbeit aus. Und die wird durch eine Unmenge von Gesetzen, Verordnungen und Erlässen behindert. Wie erst unlängst bei der Herabsetzung der Schularbeitenzahlen, wird der Schüler vermutlich auch weiterhin nicht gefragt werden.

Der Mittelschüler-Kartell-Ver- band (MKV), die größte katholische Organisation höherer Schüler Österreichs, der zu Pfingsten beim Pennälertag in Wien sein fünfzigjähriges Bestehen feierte, führt aus diesem Grund regelmäßig Schulsprecherumfragen durch. In der letzten (zu Pfingsten vorgestellten) Befragung lehnten 81 Prozent der 628 befragten Schulsprecher besagte Dezimierung der Schularbeiten dezidiert’ ab. Und zur derzeitigen Form der Schulbuchaktion wollten sich überhaupt nur 15 Prozent positiv äußern.

Nach Meinung des MKV kann die Beziehung zwischen Schule, Lehrern, Eltern und Schülern nur verbessert werden durch:

• IntensivierungderSchülerver- tretung durch häufigere und unbürokratischere Einberufungen von Schulgemeinschaftsausschußsitzungen;

• Erleichterung der Arbeit der Schülervertreter durch Verbesserung der Arbeitsbedingungen (finanzielle Unterstützungen vom Elternverein, Möglichkeit der Benützung von Schulräumen auch außerhalb der Unterrichtszeit);

• InstallierungeinesSchüler-El- tern-Lehrer-Forums zur Erörterung aktueller schulspezifischer Probleme.

Eine Untersuchung der oberösterreichischen Landesregierung hat ergeben, daß ein Großteil der heute so aktuellen „Aus- steiger-Umsteiger“-Mentalität auf mangelnde Kontakte zwischen den Generationen zurückzuführen ist, ebenso die verwischten ideeller) Wertvorstellungen. Gibt es Kontakt und Vertrauen, funktioniert auch, wie bereits mehrfach bewiesen, die innere Schulreform. Dazu hat der MKV Vorschläge

• Den Projektunterricht: Bis jetzt hauptsächlich dazu verwendet, die gesetzlich nicht mehr mögliche Gesamtschule auf Umwegen doch noch zu erreichen, soll diese Neuerung die Behandlung eines Themas in mehreren Gegenständen herbeiführen. Beaumarchais und Mozart — Die Hochzeit des Figaro, die Französische Revolution und der Absolutismus — können in Deutsch, Literaturgeschichte, Musik, Geschichte und Philosophie behandelt werden.

• Vermeidung von Übertritts-

Schwierigkeiten: Ob von Volksschule zur AHS, von AHS zu BHS, der Schulumstieg ist für Kinder, Jugendliche und oft auch Eltern schwierig und undurchsichtig. Abhilfe: Schul-und Bildungswegberatung bereits in der vierten Klasse Mittelschule und Wiedereinführung der Aufnahmsprüfungen.

• Das „soziale“ Lernen: Der Frontalunterricht bereitet großes Unbehagen, zusammen mit einer problematischen Leistungsbeurteilung und den veralteten Lehrplänen. Entrümpelungen und Änderungen werden für Österreichs Schulwesen unerläßlich sein.

Es gilt aber auch, den Berufs-

chcfncen von Maturanten mehr Augenmerk zu schenken. Ende des Schuljahres werden sich 20.000 von 30.000 Maturanten entschließen, weiterzustudieren. Der Rest findet nur mehr schwer Arbeit. Denn die klassischen Berufe bei Banken und Versicherungen sind Mangelware. Und eine Maturan- ten-Arbeitsplatzförderung, wie sie der MKV in einer Resolution fordert, gibt es ebensowenig wie Statistiken über den Maturantenbedarf der Wirtschaft. Dafür wird es bald zu viele Arbeitslose unter ihnen geben und eine uneinschätzbare Dunkelziffer von ewigen Studenten…

Der Autor leitet die MKV-Zeitšchrift „Couleur“.

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