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Schulbauten und Minderheitenprobleme im Kanaltal

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Im Gegensatz zu Görz und Triest, gibt es in Friaul für die slowenische Minderheit nur italienische Schulen. So auch im Kanaltal, wo lediglich einige Pfarrer für die slowenischen Kinder Sprachkurse organisiert haben.

Das Kanaltal mit seiner deutschen, italienischen und slowenischen Bevölkerung gehörte vor dem Ersten Weltkrieg zum politischen Bezirk Tarvis (Trbil, Tarvisio). Danach fiel es an Italien und wurde ein Teil Friauls. Am Vorabend des Zweiten Weltkrieges optierten die deutschsprachigen und ein großer Teil der slowenischen Einwohner im Sinne des „Aussiedlungsvertrages”, der sich in erster Linie auf die Südtiroler bezog, für das Deutsche Reich. Das Kanaltal verlor damit zur Gänze seine deutschsprachige Bevölkerung; an ihrer Stelle siedelten sich die Friulaner an. Die Kanaltaler Slowenen hingegen, mehr an bäuerliche Tradition und an Grund und Boden gebunden, blieben in einigen Dörfern, vor allem in Ugovizza/Ukve (Uggowitz) zurück, wo sie bis heute sowohl ihre Muttersprache als auch ihre slowenischen Kirchenchöre und ihre Bräuche bewahrten.

Wie schon in der FURCHE berichtet, stießen die vom Uggowitzer Pfarrer organisierten Slowenischkurse auf den harten Widerstand der italienischen Volksschullehrerin des gleichen Ortes, doch konnte der Konflikt nach einigen Monaten beigelegt werden. Für die Uggowitzer Slowenen scheint damit die Frage nach dem Gebrauch ihrer Muttersprache jedoch noch nicht beantwortet zu sein. Im Juni wurde der Grundstein für ein neues Schulgebäude samt Kindergarten gelegt, da das alte Gebäude durch die Erdbebenkatastrophe unbrauchbar geworden war. Das neue Schulgebäude wird zu einem Drittel von der Südtiroler Landesregierung, zu zwei Drittel von der österreichischen Bundesregierung finanziert, und zwar unter der Bedingung, daß in der neuen (italienischen) Volksschule Deutsch als zweite Schulsprache unterrichtet werde.

Im Kanaltal sind Deutschkenntnisse wegen des großen Durchzugsverkehrs und wegen der damit verbundenen regen Geschäftstätigkeit zwar notwendig und wünschenswert, aber eine italienische Volksschule mit Deutsch als Zweitsprache und ohne Slowenisch, in einem Dorf mit slowenischer Bevölkerungį ist ein Paradox. In der slowenischen Presse von Triest, Laibach und

Klagenfurt erschienen in diesem Zusammenhang alsbald Kommentare über eine Wiederbelebung der alten Germanisierversuche in Richtung auf Triest zu.

Auf einem Treffen von Volksgruppen innerhalb des italienischen Staates, das unlängst in Desenzano am Gardaseestattfand, wurde den Vertretern der Slowenen seitens der Südtiroler Volkspartei allerdings zugesichert, daß man sich für den Slowenischunterricht in der neuen Volksschule von Ugoviz- zalUkve einsetzen werde.

Werden im Kanaltal Vernunft und europäisches Denken siegen, oder will man dort neue Keile zwischen die germanische, die romanische und die slawische Welt treiben?

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