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Schuld an Mozart

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Was Salzburg glaubt, Wolf- gang Amadeus Mozart schul- dig zu sein, wollen Stadt und Land nun zur 200. Wiederkehr seines To- destages ein wenig abtragen. Wo- bei der touristische Nutzen nicht zu kurz kommen soll - zumal ja Mo- zart selbst ein Drittel seines Lebens auf Reisen verbracht hat.

Das Mozart-Jahr 1991 wird aber, nach mannigfachen Planungs- und Finanzierungspannen, so wohl ge- plant auch wieder nicht über die Stadt Salzburg als Bühne gehen können. Denn just vor wenigen Tagen, als man sich anschickte, die endgültige Mozart-Jubiläumsmi- schung vor Medienvertretern - der Öffentlichkeit also - aufzugießen, tauchte in einem Tresor jenseits des Atlantiks das Mozart-Autograph Kochel-Verzeichnis 475/457 auf, jenes, das Wolfgang Rehm von der Internationalen Stiftung Mozar- teum als die „bedeutendste Kla- viersonate Mozarts" bezeichnete.

Nun will man alles daransetzen, dieses „exzeptionelle Autograph wieder nach Salzburg zu bringen", damit es nicht so geht wie ehedem mit den Handschriften der Jugend- symphonien Mozarts, bei deren Versteigerung in London die Inter- nationale Stiftung Mozarteum bei einer Summe von 45 Millionen Schilling schließlich passen mußte.

Für die Klaviersonate mit Mo- zarts eigenhändigen Korrekturen würde man in der geplanten Lan- desausstellung vom 23. März bis 3. November auf Schloß Kleßheim, Thema „Mozart - Bilder und Klän- ge", sicherlich ein geeignetes Ta- bernakel finden, die Rarität zu prä- sentieren. (Wenn auch noch von vorhergehenden Landesausstellun- gen die Replik des Tassilo-Kelchs oder der goldene Helm Wolf-Diet- richs von Raitenau in wenig glück- licher Erinnerung sind).

„Wo die Mozartkugel rollt" hatte Salzburgs sozialistischer Vizebür- germeister Herbert Fartacek unbe- kümmert gemeint, sollte man auch fragen, wo denn der Salzburger bliebe, wie es den Erben Mozarts ginge, wiesielebtenunddazub rau- che es ebenso von der Stadt finan- zierte „innovative Projekte". Den Topf des Mozart-Autographen- Fonds mit noch verfügbaren Mit- teln aufzufüllen, um das Mozart- Original dorthin zu holen, wo es nach hundertjähriger Verschollen- heit hingehört, wäre freilich weni- ger spektakulär oder gar innovativ.

Sicher jedoch wird am 1. Jänner 1991, nach Sekt und Silvesterrake- ten, im Großen Festspielhaus das Mozart-Jahr mit Musik und Rezi- tation eröffnet. Während der tradi- tionellen Mozart-Woche im Jänner 1991 präsentieren Stiftung Mozar- teum, Landestheater und das Brüs- seler Theatre Royale de la Monnaie in Koproduktion „Die Zauberflö- te" unter SylvainCambreling (Regie Ursel und Karl-Emst Hermann). Das junge internationale Sängeren- semble hat sich bereits Anfang September für fast zwei Monate in Salzburg zu einer vorbereitenden Akademie zusammengefunden. Sena Jurinac, Edith Mathis, Ernst Haefliger, Eric Tappy sind die Lehrer.

Neben der „Zauberflöte" hat das Landestheater „Die Hochzeit des Figaro" in Hermann Preys Insze- nierung, „Don Giovanni" in der Regie von Joachim Herz und in italienischer und deutscher Spra- che, „Cosi f an tutte" im Repertoire. Die Japan-Tournee mit Gastspie- len in Tokyo, Osaka, Nagoya und Yokohama vom 6. bis 31. Mai wird Intendant Lutz Hochstraate - ohne in Salzburg sein Repertoire zu si- stieren, wie in Wien bei Gastspiel- reisen üblich - mit der italienischen „Cosi", dem „Schauspieldirektor", „Bastien und Bastienne" und „II re pastore" absolvieren.

Für ein Auftragswerk der Stif- tung an den Komponisten Helmut Eder hat der bayerische Richter und Schriftsteller Herbert Rosendorfer das Libretto geschrieben: „Mozart in New York" wird am 15. August bei den Festspielen Premiere ha- ben.

„Wir sind Mozart sehr viel schul- dig" hatte Salzburgs Kulturlandes- rat Othmar Raus geäußert. Die Wis- senschafter in der Internationalen Stiftung Mozarteum verringern ihr Schuldkonto mit der nun abge- schlossenen „Neuen Mozartausga- be", die Musikwissenschafter der Universität und die Historiker tun es ebenfalls mit Symposien, mehr als 40 Institutionen und Veranstal- ter sind dort vertreten, „wo die Mozartkugel rollt...".

Salzburgs Landeshauptmann Hans Katschthaler ist verhärmt, weil dreizehn ausgearbeitete Pro- jekte, im Unterrichtsministerium zur Subventionsvergabe einge- reicht, dort verschlampt wurden, und der Bund überhaupt nur 4,8 Millionen Schilling für Salzburgs Mozart-Projekte zur Verfügung stellt, während der Wiener Mozart- Beauftragte 5 Millionen Schilling ausgeben darf.

Das Land Salzburg hat die Lan- desausstellung samt Bildplattenin- stallation auf Kleßheim situiert, einem Schloß, das angeblich einen „deutlichen Bezug zur Zeit Mo- zarts" hat, nachweislich aber ein Ort ist, wo Mozart nie gespielt hat.

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