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Schutz für Kleinsparer

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Immer wieder flammt die Diskussion über eine Abgabe auf Kapitalerträge — wegen der Einhe-bungsart auch Quellensteuer genannt — auf. Erst recht ist dies jetzt der Fall, wo alles unternommen werden muß, um dem Staatshaushalt mehr Luft zu verschaffen.

Wieder tritt aber auch zutage, wie verkrampft das Thema behandelt wird. Nicht so sehr prallen Meinung und Gegenmeinung aufeinander, sondern politische Emotionen werden virulent. Dabei gibt es an sich keinen vernünftigen Grund, das Thema nicht in aller Ruhe sachlich abzuhandeln.

Wirtschaftlich und rechtssystematisch ist nämlich an sich alles klar: Wer aus einem Vermögen mehr als nur geringfügige Erträge bezieht, hat dadurch ein Einkommen. Dieses unterliegt wie jede andere Einkunftsart grundsätzlich der Besteuerung.

Daß dies nicht auch so klar gesehen wird, wie es an sich ist, muß von den politischen Parteien verantwortet werden. Die seinerzeitigen Koalitionspartner SPÖ und FPÖ haben eine sogenannte Zinsertragssteuer eingeführt, ohne eine wirklich saubere und zufriedenstellende Lösung der gegebenen Problemstellung zu schaffen. Für die ÖVP war dies ein willkommener Anlaß zu oppositioneller Polemik, wobei man sich des einprägsamen, aber keineswegs korrekten Begriffs „Sparbuchsteuer“ bediente.

So klebte man dieser Abgabe von Haus aus ein unsoziales Etikett auf, obwohl es als zumindest ebenso unsozial angesehen .werden kann, daß heute auch Großanleger ganz erhebliche Kapitalerträge lukrieren können, ohne einen angemessenen Beitrag für das Allgemeinwohl zu leisten.

Es erscheint heute schwierig, aber nicht ausgeschlossen, einen Weg aus dem politischen Nebel zu finden. Dazu bedarf es freilich nicht nur entsprechend wirksamer Argumentation und Aufklärung, sondern auch eines neuen Modells, das sozial und ökonomisch unanfechtbar erscheint.

Zunächst wäre neuerlich klarzustellen, was ohnedies außer Streit steht: daß die Anonymität von Spareinlagen und das Bankgeheimnis unangetastet bleiben sollen. Diese müssen aber auch ihren Preis haben. Anonymität bedeutet ja auch Entzug dem Fiskus und seiner Kontrolle, also Steuerschonung.

Wer sein Geld im Verborgenen Früchte tragen läßt, muß sich den Vergleich mit einem Schwarzarbeiter sehr wohl gefallen lassen, der sich ja auch dem Arm des Steuer- und Abgabenstaates entzieht. Nichts spricht also dagegen, daß der Staat sich die Duldung dieses Vorgehens durch eine pauschalierte Abschöpfung an der Quelle des Ertrages abgelten läßt.

Dem Einwand, daß man damit auch den Notgroschen bescheidener Leute in unangemessener Weise schmälert, wäre im Rahmen einer Neukonstruktion durchaus Rechnung zu tragen. So könnte man etwa eine steuerfreie Auszahlung von Sparbuchzinsen et cetera vorsehen, wenn das betreffende Geldinstitut eine Meldung an das Finanzamt des Empfängers erstattet.

Mit der so erfolgenden Offenlegung könnten alle weiteren Maßnahmen eingeleitet werden, um unerwünschte Wirkungen einer Quellensteuer auszuschalten. Vor allem könnte ein eher großzügig bemessener Freibetrag festgesetzt werden, welcher Rücklagen von Normalbürgern abgabenfrei läßt. Damit wäre das fatale Odium der „Sparbuchsteuer“ beseitigt. Erst das, was über eine keineswegs zu klein bemessene Grenze hinausgeht, würde in den normalen Besteuerungsvorgang einfließen, also dem sonstigen Einkommen — etwa in Form des Jahresausgleichs — hinzugerechnet werden.

Noch etwas sollte man aber sehr ernsthaft überlegen: Die Tatsache nämlich, daß man von einem Kapitalertrag nur dann sprechen kann, wenn genossene Zinsen den Verlust durch die Geldentwertung überschreiten. Es wäre ja wohl ungerecht, die bescheidenen Früchte eines Sparbuches mit geltendem Eckzinsfuß genauso zu belasten wie ein äußerst gut angelegtes Geld.

Es gab ja schon Zeiten, wo der Mindestzinssatz die Geldverdünnung nicht oder kaum ausglich. Es wäre daher zu überlegen, unter Berücksichtigung der jeweiligen Geldwertveränderung einen Abschlagzinssatz zu verordnen, der vor der Berechnung der Steuer auf Kapitalerträge in Anrechnung kommt.

Es sind also Gesetzeslösungen denkbar, welche einerseits die unerwünschte und auch ungerechte De-facto-Steuerfreiheit echter Kapitalerträge beseitigen und andererseits eine unter sozialen Gesichtspunkten einwandfreie Regelung ermöglichen, also den Spargroschen des vielzitierten kleinen Mannes ungeschoren lassen. Man müßte nur — und darum geht es jetzt wirklich — die Diskussion wieder auf diese sachliche Ebene zurückführen.

Weder Geschicklichkeit noch lautes Schreien darf einzelne Gruppen der Bevölkerung aus der Abgabepflicht entlassen, sondern nur eine streng objektive Bemessung der Abgabepflicht nach den Kriterien der vorhandenen — oder auch nicht vorhandenen — wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit.

Der Autor ist ÖVP-Abgeordneter zum Nationalrat

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