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DasBenediktinerstift Lambach feiert ein Jubiläum. Seine einst romanische, dann gotisierte undnach dem Dreißig]ährigen Krieg barockisierte Stiftskirche wird neunhundert Jahre alt. Das Kloster selbst wurde bereits 1040 von Graf Arnold n. von Lambach-Wels als Kanonikerstift gegründet. Erst sein Sohn, Bischof Adalbero, der einzige im heutigen Oberösterreich geborene Heilige, besiedelte es 1056 mit Benediktinermönchen aus dem Reformkloster Münsterschwarzach. 1089 weihte er gemeinsam mit seinem Freimd Bischof Altmann von Passau die Klosterkirche.

Aus Anlaß dieses Jubiläums wurde das gesamte Stift imi 40 Millionen Schilling restauriert. Außerdem wurden die zwischen 1957 und 1967 in den Grundmauern der beiden

Zwiebeltürme freigelegten romanischen Fresken mit Szenen aus der Kindheitsgeschichte und dem öffentlichen Wirken Jesu, sowie einem Zyklus lun Herodes den Großen imd Herodes Agrippa für die Öffentlichkeit ebenso zugänglich gemacht wie das im Zusammenhang mit der Brautfahrt von Maria Antoinette nach Frankreich eröffnete Barocktheater.

Auch die große Bibliothek, das Sommerrefektorium und Ambulatorium, die mit hervorragenden Deckenfresken von Melchior Steidl ausgestattete Stiftskirche und das Eingangsportal wurden wieder instandgesetzt. Das Land Oberösterreich veranstaltet nun seine Landesausstellung in dem Traun-Stift.

Die Ausstellung ist der Graphik gewidmet, genauer gesagt der Botschaft, die sie als leicht transportierbares und deshalb oft als Flugblatt beziehungsweise Propagandainstrument verwendetes Kunstwerk zu vermitteln vermag. Ausgewählt und gegliedert vom ehemaligen Direktor der Wiener Albertina, Walter Koschatzky, in Zusammenarbeit mit Selma Krasa, Gertraud Klimesch, Marlies Brunnhuber und Peter Baum von der Neuen Galerie in Linz sind 300 erstrangige Blätter aus dem Besitz der Albertina, rund 90 moderne Werke aus der Neuen Galerie Linz und 84 Fotos zu sehen. Zusätzlich werden ausgewählte Ob-jekte aus der Kupferstich- und Gemäldesammlung des Benediktinerstiftes selbst gezeigt, für die Pater Koloman FeUner, Schüler des Erfinders des Steindrucks, Alois Se-nef eider, den Grundstein gelegt hat.

Der erste Teü der Ausstellung ist Werken gewidmet, die sich inhaltlich mit der christHchen Heilslehre, den göttlichen Geboten sowie der während der Reformation einsetzenden Kritik an der Kirche beschäftigen. Der zweite Teil gilt der Graphik im Dienst der Wissenschaften und Expeditionen, der Darstellung exotischer Tiere und fremder Völker, Pflanzen und Gebäude. Der dritte Themenkreis will die Graphik als freies Kunstwerk vorstellen und der vierte die Graphik im

Dienst von Macht und Herrschaft.

Da wie dort findet man so exzellente Blätter wie Albrecht Dürers "Der Reiter" ("Ritter, Tod und Teufel") und «Die Melancholie", Rem-brandts"Selbstbüd-nis am Fenster", Francesco de Goyas "Die Erschießung" und "Der Hanswurst", Edvard Münchs "Mädchen auf der Brücke", Henri de Toulous-Lautrecs "Der Aufgalopp", Pablo Pi-cassos "Das karge Mahl",EdouardMa-nets "Die Erschießung Kaiser Maximilians von Mexiko " sowie "Die Carmagnole" der Käthe KoU-witz.

MitPicasso geht die Schau nahtlos über in die Präsentation der Kunst des 20. Jahrhunderts, die durch den Einbruch der Fotografie ihre Aufgabe nicht mehr in der Wiedergabe der Wirklichkeit sah. Vertreten wird sie von den Meistern der Klassischen Moderne wie Wassily Kandinsky und Marc Chagall und den führenden deutschen Expressionisten wie Max Beckmann, Lyonel Feininger und Otto Dix. Einen Schwerpunkt setzt auch die künstlerische Druckgraphik nach 1945 mit Arbeiten der ameri-

kanischen Pop-Art wie Jim Dine und Andy Warhol, der Geometrischen Abstraktion und des internationalen Inf ormel.

Fotografische Vergrößerungen von Details und Bildplatten sollen dem Beschauer helfen, das Dargestellte leichter zu erfassen. An die Saalwände appliziert, schmälern sie allerdings gelegenthch die Wirkung des Raumes in seinem Zusammenspiel von Architektur und Dekoration von Stuckreliefs und Decken-

gemälden. Workshops demonstrieren die verschiedenen grafischen Techniken.

So überträgt beim Kupferstich der Künstler mittels eines Stichels die "Zeichnung" auf eine Kupferplatte, die Linien und Striche werden eingefärbt und auf diese dann das Papier gepreßt. Bei der Radierung wird eine Kupferplatte mit einer dünnen Schicht von Wachs oder Decklack überzogen und darauf mit einer spitzen Nadel die Zeichnung aufgebracht. Anschließend wird die Platte in ein Ätzbad gelegt, von der Dauer des Säurebades hängt die Tiefe der Linien ün Kupfer ab, die im Druck den Grad der Helligkeit bestimmt.

Als Ergänzung findet im - etwas zu modernistisch - renovierten Lambacher Roßstall eine Präsentation von Druckgrafiken oberösterreichischer Künstler aus der Zeit von 1900 bis 1989 statt: Franz von Zülow, Margret Bilger, Herbert Bayer, Rudolf Hoflehner und vor allem Alfred Kubin.

"Die Botschaft der Graphik - 900 Jahre Klosterkirche Lambach" ist bis 8. Oktober täglich von 9 bis 18 Uhr geöffnet (Einlaß bis 17 Uhr). Die Stiftskirche ist leider während der Mittagsstunden geschlossen.

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