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Schwarzafrika, der chronische Verlierer

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In den Ländern südlich der Sahara konzentriert sich ein auswegloses Schuldenkarussell. Die geplante Streichung der Verbindlichkeiten (siehe Seite 3) kann aber gerade hier nur Notstandshilfe sein. Denn einmal mehr muß daran erinnert werden, daß Schwarzafrika - neben hausgemachten - auch andere strukturelle Probleme hat.

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In den Ländern südlich der Sahara konzentriert sich ein auswegloses Schuldenkarussell. Die geplante Streichung der Verbindlichkeiten (siehe Seite 3) kann aber gerade hier nur Notstandshilfe sein. Denn einmal mehr muß daran erinnert werden, daß Schwarzafrika - neben hausgemachten - auch andere strukturelle Probleme hat.

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Eigentlich hatten sich damals die Ökonomen alles so schön ausgedacht: Nach den Befreiungskriegen und dem Zerfall der Kolonialreiche sollten großzügige Kapitalspritzen und acht-bis zehhprozentige Wachstumsraten pro Jahr den afrikanischen Kontinent in absehbarer Zeit auf das Niveau der westlichen Welt katapultieren. Die Chancen, so meinte man, stehen dafür nicht schlecht. Die europäischen Kolonialherren hatten bei ihren Er-oberungs- und Ausbeutungszügen doch noch einiges übriggelassen, worauf der Kontinent bauen könnte: Nigeria, Angola, Gabun saßen und sitzen immernoch auf Öl- und Gasquellen. In Zimbabwe, Sambia, Mosambik, Tansania und Nigeria gab es Kohle. Angola und Mosambik hatten zahlreiche Möglichkeiten zur Nutzung der Wasserkraft. Botsuana, Namibia und Angola sollten Diamanten fördern. Dazu kamen fruchtbare, ungenutzte Böden für Kornkammern und Weideflächen, reiche Fischgründe vor den Küsten, teilweise ideales Klima für Obst und Gemüse, sowie Rohstoffe wie Eisen, Zinn, Kupfer, Mangan.

Die massive Kapitalzufuhr würde, so rechneten die Entwicklungsstrategen damals weiter, einen Wirtschaftsschub in Gang setzen. Die demokratische Entwicklung würde folgen, und dieser letzlich die entsprechenden Wertvorstellungen, sozialen Strukturen und (Aus-)Bildungsinhalte der westlichen Welt.

Dieser optimistischen Einschätzung folgte nach den beiden Ölpreisschocks in den siebziger Jahren das böse Erwachen; Ende der achtziger Jahre endeten die großen Pläne in einem Desaster, als über zwei Drittel der schwarzafrikanischen Länder die goße Schuldenkrise hereinbrach, aus der sie sich bis heute nicht befreien können. Denn kein schwarzafrikanisches Land hat es trotz massiver Finanz- und technischer Hilfe geschafft, seine Verschuldungssituaion wieder zu normalisieren.

Als in der zweiten Hälfte der siebziger Jahre die Rohstoffpreise in den Keller Fielen, verringerten sich drastisch die Einnahmen der fast total exportorientierten Länder Schwarzafrikas. Der sprunghafte Anstieg der

Energiekosten bewirkte wirtschaftliche Stagnation und eine Verschärfung der Finanznöte.

Die Strategie, schlechtere Rohstoffpreise durch Auslandsverschuldung zu kompensieren, bewirkte zwischen 1978 und 1983 eine Verdoppelung der Auslandschulden. Wirtschaftspo-litische Fehler in den Nehmerländern wie überhöhte Wechselkurse und riesige Haushaltsdefizite verstärkten den Hang zur übermäßigen Auslandsverschuldung. Geld aufzutreiben war damals jedenfalls für Schwarzafrika kein Problem. Die internationale Bankenwelt zeigte sich kooperativ und keineswegs knausrig.

Trotzdem schwand allmählich das Vertrauen in die wirtschaftliche Zukunft Schwarzafrikas und bewirkte massive Kapitalflucht und damit eine Verschlechterung der Zahlungsbilanzsituation.

Die in dieser Region besonders dramatische Entwicklung hat aber tiefere, strukturelle Ursachen:

□ Besonderes Augenmerk wurde in diesen Ländern auf Wirtschafts wachstum und städtisch-industrielle Entwicklung gelegt, der ländliche Raum blieb vernachläßigt;

□ die Industrialisierungsstrategie -finanziert durch Kredite - zielte hauptsächlich auf die auf Importsubstitution und Weiterverarbeitung von Rohstoffen ab. Fehlplanungen, eine mangelhafte und auf die ehemaligen Kolonien zugeschnittene Infrastruktur mit zu engen Binnenmärkten verhindern den Aufbau eines wettbewerbsfähigen, mit der Landwirtschaft verknüpften Industriesektors. Die Produktivität war letztlich auch viel zu gering, um die Bedienung der Auslandsschulden zu ermöglichen.

□ Korruption und Klientelwesen schwächten die Steuerungsfähigkeit der staatlichen Stellen.

Nach wie vor ist die Krise Schwarzafrikas eine Krise der Landwirtschaft. Schon in den siebziger Jahren reichten die Nahrungsmittelproduktionen nicht einmal zur Ernährung' der Landbevölkerung aus, geschweige denn der ausufernden Städte. Denn immer mehr Ernten der Plantagen flößen in den Export, immer weniger war für die Afrikaner selbst bestimmt. Die so notwendig gewordenen Nahrungsmit-telimporte belasteten wiederum die Zahlungsbilanz.

Angesichts der anhaltend ungünstigen Perspektive für die Rohstoffpreise und die strukturelle Tiefe der Entwicklungskrise sind die Chancen auf Besserung gering. Eine Streichung von Schulden, wie sie jetzt in der UNO diskutiert wird, kann auch in Schwarzafrika nur Notstandshilfe sein.

Um das drohende Desaster zu verhindern, werden Federstriche in den Bilanzen der Kreditgeber sicher nicht genügen.

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