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Schwermetalle im Stauraum Freudenau

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Die Papierberge rund ums geplante Donaukraftwerk Wien-Freudenau wachsen. Besonders interessant in diesem schier unübersehbaren Wust ist die Studie über die Schwermetallbelastung der Donau.

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Die Papierberge rund ums geplante Donaukraftwerk Wien-Freudenau wachsen. Besonders interessant in diesem schier unübersehbaren Wust ist die Studie über die Schwermetallbelastung der Donau.

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Erfordert nämlich die Problemlösung der Schwermetallkonzentration ein regelmäßiges Durchspülen des Stauraums, so sind die Auflagen, die sich aus der wasserrechtlichen Grundsatzgenehmigung (Bescheid des Bundesministeriums für Land- und Forstwirtschaft, 31. Juli 1991) ergeben, ganz andere: Gefordert werden Flachwasserbereiche, Buchten, um die Biozenosen (Lebensgemeinschaften) zu erhalten. Vorgesehen sind: „Ufer-strukturierungen unter Bedachtnah-me auf die Erfordernisse der Grundwasserbewirtschaftung."

Im gesamten Bericht der „wasserrechtlichen Grundsatzgenehmigung" taucht der Begriff Schwermetalle nur peripher auf. In keinem Punkt wird die Schwermetall-Problematik explizit angesprochen. Die Ergebnisse der umstrittenen Studie sind nicht eingearbeitet worden. Was den Verdacht nahelegt, daß die Studie nicht berücksichtigt wurde, allen Behauptungen von offizieller Seite zum Trotz. Wahrscheinlicher ist, daß das offizielle Veröffentlichungsdatum 1989 nicht stimmt. Denn auch in der Studie der Universität für Bodenkultur wird in den Literaturhinweisen auf die Schwermetallproblematik nicht eingegangen. Auch die Niederschriften über die Behördenbesprechung vom 2. bis 3. Mai 1991 und 6. bis 8. Mai 1991 sowie die Verhandlungsschriften über die wasserrechtliche Verhandlung (13. bis 16. Mai 1991 in Wien, 21. bis 22. Mai 1991 in Klosterneuburg, 23. bis 24. Mai in Klosterneuburg, 3. bis 4. Juni 1991 in Wien, 14. Juni 1991 in Wien) zeichnen sich durch gleiche Schamhaftigkeit aus. Bei Durchsicht der Protokolle zeigt sich eine Fülle von kleinen und kleinsten Einwendungen, beispielsweise über die verstärkte Nebelbildung über der Donau, die auf die Lebensqualität der Anrainer negativen Einfluß haben könnte, oder über den regelmäßigen Nachbesatz von Fischen, die im Stauraum keine natürlichen Laichmöglichkeiten mehr finden könnten, was dem Hobby der Fischerei maßgeblich Abbruch zufügen könnte.

Werner Schiel, Gruppenleiter der Gruppe Hydrologie beim Wiener Magistrat, warnt laut APA vom 22. Jänner 1992 vor den Folgen einer reduzierten Fließgeschwindigkeit: „Das schaut harmlos aus, ist es aber nicht." Schadstoffe lagern sich im Schlamm ab und gefährden die Wasserqualität.

Eine reiche Uferstruktur setzt die Fließgeschwindigkeit herunter, was zur Entstehung der befürchteten Schwermetallcocktails führt. Als Alternative gibt es nur die geradlinige Gestaltung derUfer mit Blockwurf auf beiden Seiten des Flusses.

Die Studie über die Schwermetallbelastung gibt deutlich Hinweis, daß der Zustand der Donau bereits jenen kritischen Werterreicht hat, daß beim Errichten einer weiteren Staustufe klar entschieden werden muß: Entweder gibt es für das Auge ansprechende Schönheit, dann gibt es unter der Wasseroberfläche jene Horrorszenarien, vor denen gewarnt wird, oder aber der Anblick ist fürs Auge zwar scheußlich, doch die Anreicherung der Schwermetalle wird durch regelmäßiges Spülen des Stausees verhindert. Damit wird die Schwermetall-belastüng weiter donauabwärts verlagert.

Bis heute fehlt von politischer Seite das klare Bekenntnis, für welche Variante man sich zu entscheiden gedenkt.

Wer der Argumentationslinie von Stadtrat Häupl folgt, die Ergebnisse der Studie seien berücksichtigt, steht vor dem Problem, daß er diese in den genannten Papieren nicht findet. Auch während der Diskussion rund um die Volksabstimmung über die Staustufe spielte die Schwermetallbelastung keine Rolle. Wenn also die Ergebnisse ohnehin bekannt waren, fragt sich, mit welchem Wissensstand hat man die Wiener Bevölkerung abstimmen lassen? War die Studie nicht fertig, was angesichts des Nichterscheinens ihrer Daten in den offiziellen Bescheiden naheliegt, bleibt die Frage, wann die Studie in die Überlegungen miteinbezogen wird.

Bekanntlich hat die Schwermetallproblematik eine ganz andere Dimension als die Belastung des Wassers durch Phosphor und Stickstoff, die als Nährstoffbilanzierer herangezogen werden können. Schwermetalle haben als direkte Auswirkungen auf die Menschen karzinogene Effekte. Wer das Entlastungsgerinne und die Alte Donau als Naherholungsgebiete für die Wiener und Wienerinnen erhalten will, kann nicht über die Anreicherung von Schwermetallen hinwegsehen. Bei zu hohen Konzentrationen sind Badeverbote auszusprechen.

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