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Schwerpunkt Umweltschutz

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Zu den Schwerpunkten der Vorarlberger Landespolitik zählt besonders auch der Schutz der Umwelt, der in zahlreichen, meist für Österreich beispielhaften, Initiativen zum Ausdruck kommt. Schon in zurückliegenden Jahrzehnten, als die Dringlichkeit für Maßnahmen zur Erhaltung einer gesunden Umwelt noch lange nicht überall erkannt worden war, hat man diesen Aufgaben verstärktes Augenmerk geschenkt. Das heute überall frei zugängliche Bodenseeufer zum Beispiel ist dieser Haltung zu verdanken.

Mit dem Vorarlberger Luftreinhal-tegesetz 1971, dem ersten in Österreich, wurde dann eine mehrjährige Periode der Umweltschutzgesetzgebung eingeleitet, wobei man mit großer Intensität, aber trotzdem zügig, alle jene Bereiche durch zeitgemäße und vorausschauende Gesetze abdeckte, die nach der Bundesverfassung den Ländern zukommen. Damit ist auch die Behauptung widerlegt, daß man für einen wirkungsvollen Umweltschutz dem Bund mehr Kompetenzen einräumen müsse. Das Beispiel Vorarlberg beweist, daß sich die Länder in ihrem Zuständigkeitsbereich seit langem mit großem Erfolg um die Lösung der Umweltschutzprobleme kümmern.

Die Nachteile zentralistischer Umweltpolitik liegen auf der Hand: Die Länder würden aus der politischen Verantwortung entlassen, die Vorteile genauer Gebiets- und Ortskenntnis gingen verloren, auf die örtlichen Bedürfnisse könnte kaum rasch und flexibel reagiert werden. Dafür wären vermehrte bürokratische Apparate erforderlich, die über große Entfernungen hinweg agieren würden. Bundeseinheitliche Regelungen bergen auch die Gefahr, daß man sich nur auf den kleinsten gemeinsamen Nenner einigt.

Ein starkes Argument gegen eine Kompetenzänderung zu Lasten der Länder ist aber auch der Umstand, daß der Bund dort, wo er seine Kompetenzen wahrnehmen könnte, und das sind weite Bereiche, kaum in Ansätzen jene modernen Regelungen herbeigeführt hat, die in Länderkompetenz schon selbstverständlich sind. Auch die Zusammenarbeit läßt zu wünschen übrig. So haben etwa

die Länder den zuständigen Bundesministerien schon 1975 den Abschluß einer Vereinbarung zur Begrenzung des Schwefelgehalts im Heizöl vorgeschlagen, doch ist es nicht dazu gekommen. Um der Zusammenarbeit im Umweltschutz eine breitere Grundlage zu verschaffen, haben die Länder im Mai 1977 überdies einen Vertragsentwurf „zur Beschränkung der Luftverunreinigungen und Lärmstörungen“ vorgelegt. Die Verhandlungen wurden vom Bund mit der Begründung ausgesetzt, er brauche eine „Uberlegungs-phase“. Sie dauert derzeit noch an.

Das sind die Realitäten, denen aber auf Seiten der Länder, die etwa den Umweltschutz in den wichtigen Bereichen Gewerbe und Industrie und im Verkehrswesen leider nicht beeinflussen können, intensive Arbeit und beachtliche Erfolge im Kampf für die Erhaltung einer gesunden Umwelt gegenüberstehen.

Vorarlberg ist Industrieland und Ferienland in einem. Die Bedacht-nahme auf die natürliche Umwelt ist demnach auch Rücksichtnahme auf den Erholungswert der Vorarlberger Regionen und Talschaften. Umweltschutz wird schon aus diesem Grund nicht punktuell, sondern umfassend gesehen.

Naturschutz und Landschaftspflege sind daher zentrale Anliegen. Das Naturschutzgesetz, das den Schutz von Pflanzen und Tierarten und die Errichtung von Natur- und Landschaftsschutzgebieten regelt, wurde 1969 wesentlich ergänzt Das Landschaftsschutzgesetz 1973 wiederum schützt in vielfältiger Form vor Verbauung und Eingriffen in die Natur. Es ermöglicht aktive Landschaftspflege, etwa die Sanierung von Landschaftswunden und die Pflanzung von Flurgehölzen. Besonders wichtig und einmalig ist auch der Seeuferschutz, der einen 500-Me-ter-Ufer-Streifen rigoros vor Verbauung schützt. Neben 13 Landschaftsschutzgebieten gibt es heute in Vorarlberg bereits 16 Naturschutzgebiete. Insgesamt machen sie bereits 17 Prozent der Landesfläche aus.

Die Ausweitung von Industrie und Fremdenverkehr, sowie die zunehmende Siedlungsdichte, haben die

Abwasserbeseitigung zu einem dringenden Anliegen werden lassen, wobei auch internationale Verpflichtungen im Rahmen des Abkommens zum Schutz des Bodensees zu beachten sind. Im Mittelpunkt des Gewässerschutzkonzeptes steht der Bau von regionalen Kläranlagen. Die Gemeinden erhalten vom Land für die Abwasserbeseitigung Zuschüsse von durchschnittlich 30 Prozent, die 1979 rund 80 Millionen Schilling ausmachen. 1,2 Milliarden Schilling sind auf diese Weise bereits aufgewendet worden, zwei Milliarden werden noch notwendig sein. 1977 ist das Landesgesetz über Abwasserbeseitigungsanlagen in Kraft getreten, das frühere Regelungen durch zeitgemäße Bestimmungen ablöste.

Auf dem wichtigen Gebiet der Raumplanung kann Vorarlberg darauf verweisen, daß wohl noch heuer in allen 96 Gemeinden rechtsgültige Flächenwidmungspläne auf Grund des 1973 in Kraft getretenen Raumplanungsgesetzes vorliegen werden. Einen im In- und Ausland vielbeachteten Schritt stellt auch die Grünzonenplanung dar. Dabei handelt es sich um einen rechtsgültigen Lan-desraumplan für Grünzonen im Wal-

gau und Rheintal. Wegen der starken Industrialisierung und des großen Bevölkerungszuwachses muß der Naturhaushalt durch gezielte Maßnahmen vor Überforderung bewahrt werden. Der Wohn- und Freizeitwert ist von ausreichenden Erholungsräumen abhängig - hier haben die Grünzonen in den Verdichtungsgebieten für den notwendigen Ausgleich zu sorgen.

Dem Problem der Abfallbeseitigung wurde durch das Abfallbeseitigungsgesetz 1974 Rechnung getragen. Nach dem Entwurf eines Abfallplanes sind für die Beseitigung der Hausabfälle fünf regionale Anlagen vorgesehen, von denen vier bereits voll in Funktion sind und die fünfte in Vorbereitung steht. Auch dem Industrie- und Sondermüll wird entsprechende Aufmerksamkeit geschenkt.

Eine besondere Aufgabe sieht die Landesregierung in, der Sicherung der Berglandwirtschaft. Die Landwirte sichern ja die Erholungsräume für Einheimische und Urlauber. Flächenprämien und Alpungsprämien werden deshalb für die Bewirtschaftung unter erschwerten Bedingun-

gen bereitgestellt, im Vorjahr waren es insgesamt 26 Millionen Schilling. Der Rückgang in der Bewirtschaftung von unrentablen Berglagen und von Alpen konnte damit bereits gestoppt werden.

Zu den Pionierleistungen auf dem Sektor des Umweltschutzes zählt auch das Vorarlberger Luftreinhalte-gesetz. Wie andere Umweltschutzbereiche wird auch die Luft von der Chemischen Versuchsanstalt des Landes Vorarlberg überwacht. Die Ölfeuerungsanlagen werden laufend kontrolliert, damit die Luft nicht unnötig wegen fehlerhafter Brenner belastet wird. Der zulässige Schwefelgehalt bei Heizöl ist beschränkt Leider gilt dieses Gesetz nicht für den industriellen und gewerblichen Bereich, wo der Bund zuständig wäre.

Um einen engen Kontakt mit allen Institutionen, Vereinigungen und Verbänden herzustellen, die sich dem Natur- und Landschaftsschutz sowie den Anliegen des Umweltschutzes widmen, wurde von der Vorarlberger Landesregierung ein Kontaktausschuß für Fragen des Umweltschutzes eingerichtet. Behördenvertreter und Funktionäre der Vorarlberger Natur- und Umweltschutzorganisationen haben in diesem Kontaktausschuß die Möglichkeit, - Erfahrungen auszutauschen und im gemeinsamen Gespräch Lösungsmöglichkeiten auszuarbeiten.

So spannt sich ein weiter Bogen der gesetzlichen und behördlichen Initiativen, wobei immer das Gespräch mit den Fachleuten und Funktionären der Umweltschutzorganisation gesucht wird. Eine besondere Hilfe für die konkreten Maßnahmen im Einzelfall sind neben anderen Organen, etwa für den Gewässerschutz, insbesondere die Mitglieder der Vorarlberger Naturwacht. Sie sind dazu berufen, obwohl freiwillig und ehrenamtlich tätig, an der Vollziehung des Naturschutzgesetzes und des Landschaftsschutzgesetzes mitzuwirken. Heute versehen in Vorarlberg, in Einsatzgruppen gegliedert und eingehend geschult, rund 450 Naturwächter im Auftrag der Natur-und Landschaftsschutzbehörden ihren Dienst.

Bei allen Problemen, die nach wie vor beobachtet oder gelöst werden müssen, kann gesagt werden, daß es auf dem Sektor des Umweltschutzes in Vorarlberg keine „Weißen Flek-ken“ mehr gibt. Das gesetzliche Instrumentarium zum Schutz der Umwelt und zur Bewahrung einer gesunden Umwelt für die nachkommende Generation ist vorhanden und wird auch entsprechend angewendet.

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