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Sechs Fragen zur Theologie

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1. Papst Johannes Paul II. hat den Erzbischof von München und Freising, Joseph Kardinal Ratzinger, zum neuen Präfekten der Römischen Glaubenskongregation ernannt. Ratzinger wird damit nach dem Papst die wichtigste Autorität der katholischen Hierarchie in allen Fragen der Glaubens- und Sittenlehre. Als theologischer Berater des Kölner Kardinals Frings gehörte Ratzinger zu den fortschrittlichen Konzilstheologen. Er arbeitete mit Ihnen, verehrter Prof. Rahner, zusammen, fühlte sich aber auch dem späteren Rebellen wider römische Obrigkeit, dem Tübinger Theologen Hans Küng, verbunden. Böse Zungen behaupten, daß Ratzinger vom mutigen Reformer zum vorsichtigen Konservativen geworden sei...

2. Ratzinger scheint sich als Theologe von Ihnen entfernt zu haben. Nun sagte er, durch leichtfertige Gespräche mit der Moderne habe die Kirche durch Anpassung an die Welt (aggiornamento) die Menschen nicht gewonnen, sondern sei vielmehr in Gefahr geraten, sich selbst zu verlieren. Teilen Sie diese Ansicht?

3. Mit dem Papst aus Polen verbindet Ratzinger die Chri-stozentrik des Glaubens und Theologisierens. Von hier aus bezieht er Position gegen den westlichen Konsumismus wie gegen den östlichen Marxismus. Er setzt „die Kultur der Intuition und des Herzens" entgegen. Was halten Sie davon?

4. Papst Johannes Paul hat den Wunsch geäußert, daß der neue Präfekt der Römischen Glaubenskongregation sein Amt nicht nur „defensiv" verstehe, sondern sich bemühe, „positiv stimulierend" zu wirken. Sehen Sie hier Ihre Wünsche angesprochen, wonach das Verhältnis zwischen dem römischen Lehramt und den Theologen immer noch sehr dunkel sei?

5. Nach Ansicht des neuen Präfekten der Glaubenskongregation wurde die große Epoche der Theologie vor dem Zweiten Vaticanum und kurz danach durch eine gewisse Ermüdung abgelöst. Im Augenblick gäbe es kaum noch große Namen, zwar mehr Fakultäten und mehr Schreibende, aber doch auch eine innere Ermüdung und Nivellierung sowie das Problem des Auseinanderdriftens. Das sei im Grunde ein sehr schönes Phänomen...

6. Nach jüngster Ansicht Ratzingers brauche die Theologie ihren Freiheitsraum. Die Grenze sei allerdings dort, wo Theologie so ins kirchliche Leben eingreife, daß sie zur konkreten Einheitsgefährdung würde. Habe ich Sie richtig verstanden, daß der Theologe das Recht und manchmal sogar die Pflicht habe, einer Erklärung des Lehramts zu widersprechen?

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