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Der Vertreter der österreichischen Bischofskonferenz bei der Rom-Synode, der Feldkircher Bischof Bruno Wechner, hatte schon vor Beginn der Beratungen in einem Kirchenzeitungsinterview die Hoffnung geäußert, die Synode werde „auch heiße Eisen anpacken" und die Enzyklika „Humanae vitae" neu konkretisieren, weil sich seit ihrem Erscheinen neue Gesichtspunkte ergeben hätten.

Auch die schriftliche Stellungnahme der österreichischen Bischöfe zum Vorbereitungspapier hatte eine „differenziertere Sichtweise" in Fragen Empfängnisregelung, „Ehe auf Zeit", Ge-schiedenenpastoral und „unvollständige Familien" erbeten wie mehr Entscheidungsbefugnisse für örtliche Bi-

schofskonferenzen zur Debatte gestellt.

In Rom selbst plädierte Bischof Wechner dafür, „die neuen Gegebenheiten" wie Steigerung der Fruchtbarkeit zwischen 15 und 50 Jahren, Rückgang der Kindersterblichkeit sowie Bevölkerungsexplosion in den Entwicklungsländern zu berücksichtigen.

Recht deutlich waren u. a. die Erzbi-schöfe John Quinn (San Franzisko) und Basil Hume (London). „Eine sehr große Zahl von gutwilligen Männern und Frauen akzeptiert einfach nicht die Lehre des jedem Gebrauch von Empfängnisverhütungsmitteln innewohnenden Übels," sagte Quinn und folgerte, daß diese Menschen dann auch theologische Lehren nicht mehr so ernst nehmen würden.

Der Londoner Erzbischof Hume, der gleichfalls Neuformulierungen empfahl, dachte offenbar an die Tatsache, daß laut einer Gallup-Umfrage 74 Prozent der fünf Millionen Katholiken von England und Wales die Unterscheidung von natürlichen und unnatürlichen Verhütungsmethoden in Frage stellen.

„Dies ist der Augenblick der Wahrheit für die Kirche", meinte zu diesem Thema der Theologe Charles Curran von der Catholic University of America (laut „Newsweek vom 28. September 1980). "Was wir wirklich nötig hätten, wäre ein Bischof, der aufsteht und dem Papst sagt, daß er hier irrt."

Das hat sicher keiner der 216 Synodenteilnehmer getan. Aber kritische Anmerkungen zu diesem Aspekt kamen dem Vernehmen nach u. a. auch von Bischöfen aus der Dritten Welt, aber auch aus Deutschland und Japan.

Der Haupteinwand dagegen lautete, daß die Nichtannahme einer Lehre nicht deren Unrichtigkeit beweise. Deshalb verlangten viele Bischöfe „Präzisierungen" und „Vertiefungen der Interpretation", im übrigen aber die von Papst Johannes Paul II. praktisch vorgegebene Bejahung von „Humanae vitae."

Indische und lateinamerikanische Bischöfe vertraten den Grundsatz verantworteter Elternschaft, widersprachen aber vehement jeder staatlichen Geburtenregelungspolitik, die den Eltern die Entscheidung abzunehmen versuche. Eindeutig war die Ablehnung der Abtreibung in allen Debattenbeiträgen.

Sehr groß war das Anliegen praktisch aller Debattenredner, die Synodenväter sollten „eine positive Botschaft der Ermutigung" verfassen, „die vom normalen Menschen auch gut verstanden wird," wie es Kardinal Joseph Cordeiro von Karatschi (Pakistan) formulierte.

Und Kardinal Gerald Carter von Toronto (Kanada) meinte: „Wir müssen, wenn die Synode Erfolg haben soll, uns an unsere Zeit in allgemein verständlichen Ausdrücken wenden und Themen aufgreifen, die heute die Menschen beschäftigen."

Ob das in Rom der Fall gewesen ist, wird das Echo der Worte und der Taten zeigen.

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