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Selbstbehalt ist soijal

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Mit der Erhöhung der Rezeptgebühr auf eine im Por-. temonnaie spürbare Höhe konnte in den letzten Jahren die Medikamentenver-

schwendung gebremst werden. Viele Experten vermuten daher nicht ganz unbegründet, daß sich mit der Einführung eines generellen Selbstbehaltes in Form einer fixen prozentuellen Beteiligung an den Behandlungskosten die finanziellen Probleme unseres Gesundheitswesens in den Griff bekommen ließen.

Die Frage war in den letzten Jahren eigentlich immer nur, wie stellt man es politisch an, in der Sache Fortschritte zu erzielen.

Als der grundvernünftige Klubobmann der SPÖ, Sepp Wille, jetzt einen neuerlichen Vorstoß in Richtung Selbstbehalt machte, blieb — bisher jedenfalls — überraschenderweise nicht nur Spott und Hohn der Gegenseite aus, es gab sogar Lob. Daß Wille dafür Hiebe aus den eigenen Reihen bekam, wird wohl weder der Sache noch Wille selbst schaden. Die Einwände sind einfach lächerlich.

So beispielsweise das Argument des Generaldirektors der Wiener Gebietskrankenkasse, die Krankenkassen hätten gut ge wirtschaftet, seien aktiv und brauchten deshalb keinen Selbstbehalt.

Was besagt das schon bei einem Monopolunternehmen wie einer Zwangskrankenversicherung, die einfach ihre Beiträge erhöht, wenn die Einnahmen den Ausgaben nicht mehr nachkommen? Die Bilanz von Pascher & Co wäre überdies sehr schnell tiefrot, würden Bund und Länder ihre Milliardensubventionen für die Krankenhäuser einstellen und die Krankenkassen die gleichen Tagsätze wie die privaten Krankemiersicherer zahlen müssen!

Änlich „griffig" ist der Vorwurf des Juso-Chefs Alfred Gusenbauer, Willes Forderung stehe im Widerspruch zu allen sozialistischen Vorstellungen. Das Geld für unser Gesundheitswesen kommt ja nicht wie einst das Manna vom Himmel, sondern muß auf irgendeine Form ohnehin von den Nutznießern der scheinbaren Gratisleistungen aufgebracht werden. Sei es über Beiträge, sei es über Steuern oder eben auch über einen Selbstbehalt.

Ob bei dem derzeitigen System aber wirklich, wie offenbar Gusenbauer glaubt, die Wohlhabenden für die Bedürftigen zahlen, ist bei den Umverteilungsexperten höchst umstritten. Bei derzeitigem Zustand des Budgets, bei dem ein erklecklicher Teil der Ausgaben (also auch jene für die Gesundheit!) nicht von den Steuern (der Reichen?), sondern über neue Schulden finanziert wird, ist sogar eher ein negativer Umverteilungseffekt, also von unten nach oben, wahrscheinlich.

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