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Selbstmord mit Messer und Gabel

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Herzinfarkt, Raucherbein, Schlaganfall - all das hat eine einzige Ursache: Atherosklerose. In Österreich ist die Todesrate sehr hoch, in den USA konnte man sie senken.

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Herzinfarkt, Raucherbein, Schlaganfall - all das hat eine einzige Ursache: Atherosklerose. In Österreich ist die Todesrate sehr hoch, in den USA konnte man sie senken.

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Jeder zweite Österreicher stirbt an den Folgen der Atherosklerose (Arterienverkalkung). Während in westlichen Industriestaaten, vor allem den USA, ein deutlicher Rückgang dieser Erkrankung zu verzeichnen ist, erreichte die Mortalitätsrate in Österreich 1985 die traurige Rekordmarke von 53 Prozent.

Und wir sind auch noch selbst daran schuld, betonen die Athero-skleroseforscher, falsche Lebens-

führung und Informationsmangel sind die Ursachen. „Die Risikofaktoren, die für die Entstehung der Erkrankung verantwortlich sind, können nämlich nach dem heutigen Wissensstand durch präventive und/oder medikamentöse Maßnahmen teüweise oder sogar vollständig ausgeschaltet werden“, erklärten die Mediziner Josef Kaliman, Helmut Sinzinger und Kurt Widhalm (österreichische Arbeitsgemeinschaft für Atherosklerosefor-schung) im Rahmen einer Veranstaltung des Klubs der Büdungs-und Wissenschaftsjournalisten.

Zigarettenrauchen, falsche Ernährung, Ubergewicht, Bluthochdruck, Erhöhung bestimmter Blutfette und körperliche Inakti-vität fördern das Entstehen und

Fortschreiten der Arterienverkalkung, die etwa für Schlaganfälle oder Herzinfarkte, oft schon in jungen Jahren, verantwortlich ist.

Eine Untersuchung von Herzinfarktpatienten unter 40 Jahren zeigt das ganz deutlich: 70 bis 90 Prozent der Patienten rauchten, 40 bis 70 Prozent hatten einen gestörten Fettstoffwechsel (erhöhten Colesterinspiegel), und 60 bis 70 Prozent der Frauen sind Raucherinnen, die auch die „Püle“ nehmen. Nicht einmal bei drei Prozent konnten keinerlei Risikofaktoren festgestellt werden.

Der Krankheitsverlauf ist tük-kisch. Man spürt lange Zeit nichts, es gibt über viele Jahre hinweg keinerlei Symptome, bis es in vielen Fällen zu spät ist. Bei einem Drittel der Patienten kam der plötzliche Herztod wie ein Blitz aus heiterem Himmel.

Die Erkrankung kann bereits im Kindesalter beginnen, sogar Neugeborene zeigen schon Veränderungen des Gefäßsystems, etwa wenn die Mutter während der Schwangerschaft geraucht hat oder an einer Fettstoffwechselstörung leidet. Hauptproblem ist es, daß es schon im Kindes- und Jugendalter zu Veränderungen kommt, die dem Patienten nicht bewußt werden. Im jungen Erwachsenenalter ist die Krankheit schon ausgeprägt, ohne daß sie sich durch Beschwerden bemerk-

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bar macht. Erst im dritten Stadium, der Manifestation, kommt es zu akuten und schwerwiegenden Symptomen bis hin zum plötzlichen Tod.

Zu diesem späten Zeitpunkt ist kaum mehr eineJleilungmögHch, die therapeutischen Möglichkei-

ten sind schon sehr limitiert, man kann nur mehr ein Fortschreiten der Erkrankung verhindern.

Vorbeugen, das heißt ein Ausschalten der Risikofaktoren, ist daher die einzige Möglichkeit. „Durch regelmäßige Kontrollen des Colesterinspiegels und des Blutdrucks sowie den Verzicht auf das Rauchen könnte man die Mortalitätsrate durch Atherosklerose um 20 Prozent senken“, erklärten die Wissenschafter.

Wichtig ist vor allem eine Änderung unserer Ernährungsgewohnheiten. Man sollte nur soviel essen, wie der Organismus zu verbrauchen imstande ist, wenig Fett (vor allem wenig gesättigte Fette), wenig colesterinreiche Nahrungsmittel (Eier, tierische Produkte wie Niere, Milz); Fleisch nur in Maßen.

Auf dem wichtigen Gebiet der Ernährung seien die heimischen Mediziner nur ungenügend aus-gebüdet, im Gegensatz zu anderen Ländern gebe es in Österreich kein Universitätsinstitut für Humanernährung, kritisieren die Atheroskleroseforscher. Sie verweisen auf das Vorbüd USA. Durch Pionierarbeit in der Grundlagenforschung, vor allem aber Bewußtseinsbildung in der Bevölkerung bezüglich Ernährung, Rauchen, Sport wird dort die niederste Todesrate durch „Atherosklerose, jaänüjch .etwa 30 Prozent, verzeichnet.

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