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Selbstmord rechts?

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Was der rechtsradikalen Opposition Likud bei dem Wahlgang im Dezember vergangenen Jahres nicht gelungen ist, will sie nun mit Hilfe eines politischen Manövers erreichen, nämlich: regieren. Bei den Parlamentswahlen erhielt dieser Block, bestehend aus der rechtsextremen Cherut-Partei, der liberalen Partei und drei kleinen Splitterparteien, knapp ein Drittel der Stimmen. Der Versuch, nur mit den Religiösen eine Regierung zu bilden, scheiterte damals daran, daß sie alle zusammen dennoch keine Mehrheit im Parlament erzielen konnten. Der Traum, eine Alternative zur Regierungspartei — der Arbeiterpartei — zu bilden, war für weitere vier Jahre ausgeträumt.

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Was der rechtsradikalen Opposition Likud bei dem Wahlgang im Dezember vergangenen Jahres nicht gelungen ist, will sie nun mit Hilfe eines politischen Manövers erreichen, nämlich: regieren. Bei den Parlamentswahlen erhielt dieser Block, bestehend aus der rechtsextremen Cherut-Partei, der liberalen Partei und drei kleinen Splitterparteien, knapp ein Drittel der Stimmen. Der Versuch, nur mit den Religiösen eine Regierung zu bilden, scheiterte damals daran, daß sie alle zusammen dennoch keine Mehrheit im Parlament erzielen konnten. Der Traum, eine Alternative zur Regierungspartei — der Arbeiterpartei — zu bilden, war für weitere vier Jahre ausgeträumt.

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Statt dessen propagiert nun dieser Wahlblock eine große Koalition, um solcherart auf Umwegen in die Regierung zu gelangen. Dabei kam dem Likud die arabische Gipfelkonferenz in Rabat zu Hilfe. Dort wurde die PLO mit Jassir Arafat an der Spitze zur Alleinvertreterin der Palästinenser proklamiert. Nur mit ihr also soll Israel über die Rückgabe des besetzten Palästina verhandeln. König Hussein von Jordanien, der bisher immer seine Ansprüche auf das Westjordanland geltend machte und hierin auch von Israel als Gesprächspartner akzeptiert wurde, ist bis auf weiteres ausgeschaltet worden. Ministerpräsident Rabin erklärte daraufhin im Namen der Regierung, daß die PLO als Gesprächspartner nicht in Frage kommen könne, solange sie den Terror gegen Israel predige und die Existenz Israels heute und in Zukunft nicht akzeptiere. Eine Rückgabe von Gebieten an die PLO gäbe dieser nur eine bessere Angriffsbasis zur Liquidierung Israels, um auf den Trümmern des Judenstaates — so Jassir Arafat — eine palästinensische Republik zu errichten.

Die Regierung Rabin, insbesondere die Arbeiterpartei, die linkssozialistische Mapam und die unabhängige liberale Partei, streben einen territorialen Kompromiß an, um einen Frieden mit den arabischen Staaten zu erreichen. Der Li- kud-Wahlblock (aus nationalen Gründen) und die religiös-nationale Partei (aus religiösen Gründen) wollen das ganze Westjordanland, das seit 1967 von Israel besetzt ist, dem Judenstaat einverleiben. Bei dem späten Eintritt der religiös-nationalen Partei in die Regierung (im Oktober dieses Jahres) wurde dem Koalitionsvertrag eine besondere Klausel beigefügt, wonach vor einer Rückgabe des ganzen Westjordanlandes oder von Teilen davon Neuwahlen abgehalten werden sollen, so daß diese Kompromißbereitschaft die religiös-nationale Partei zur Zeit nicht verpflichten muß.

Ein Groß-Israel oder die Rückgabe der besetzen Gebiete — hierin besteht der Unterschied zwischen Regierung und Opposition, wobei auch Teile der religiös-nationalen Partei einer Rückgabe zustimmen würden. Da nun aber niemand vorhanden ist, dem man das Westjordanland zurückgeben könnte, glauben Likud- Führer Begin und Rimalt, daß die Stunde zum Koalitionsbeitritt für sie geschlagen habe.

Die Gefahren für Israel lauern von innen und von außen. Wochenlang war man in Sorge darüber, ob Syrien einer Verlängerung des UNO- Mandats zustimmen werde. Israels Wirtschaftskapitäne haben zwar die Währung um 42 Prozent abgewertet, doch wissen sie immer noch nicht, wie sie die Defizits der verschiedenen Ministerien begleichen sollen. Die Wohnungsnot wird immer größer, die sozialen Gegensätze werden immer krasser, die Absorbierung der Neueinwanderer wird immer schwerer und das ganze Land befindet sich in einem andauernden Notstand.

Diese innen- und außenpolitische Not will der Likud-Block als zusätzliches Druckmittel gegen Rabin ein- setzen. Sollte der Likud im Kabinett sitzen, würden keine gemäßigten Vorschläge in der Regierung mehr durchgebracht werden können. Dann wäre es nur allzu leicht, die zögernden religiös-nationalen Minister auf die Seite des Likud zu bringen und immer auch einige unzufriedene Minister der Arbeiterpartei gegen Rabin stimmen zu lassen. Eine erste Lektion erhielt der Ministerpräsident schon, als der Beschluß gefaßt wurde, in Maale Haedumim (in den besetzten Gebieten nahe der Hauptstadt) eine Industrieregion für Jerusalem zu errichten. Obwohl dieser Beschluß eine Provokation der arabischen Staaten darstellt, fürchtete Rabin, im Kabinett dagegenzustimmen, um diese Angelegenheit nicht vor das Parlament bringen zu müssen. Denn dann hätte nicht nur die Opposition für diesen Vorschlag gestimmt, sondern auch die Dayan-An- hänger in der Arbeiterpartei und selbstverständlich die religiös-nationale Partei. Rabin hätte eine schwere Niederlage erlitten und wäre zum Rücktritt gezwungen worden.

Auch die außenpolitische Verhandlungsbereitschaft der Likud- Sprecher ist nicht sehr groß. Mit einem Likud-Kabinett wäre höchstwahrscheinlich auch die bisherige Entflechtung der Streitkräfte, die mit einem Rückzug israelischer Truppen verbunden war, nicht erreicht worden. Israels Positionen würden sich dann nur noch weiter erhärten.

Bei einem Beitritt des Likud würde die links-sozialistische Mapam automatisch die Regierung verlassen und Rabins derzeit engster Verbündeter innerhalb des Kabinetts würde zu seinem schärfsten Opponenten werden. Ein Beitritt des Li- kud-Blocks käme fast einem politischen Selbstmord Rabins gleich. Denn noch ist er in seiner eigenen Partei, der Arbeiterpartei, zu schwach, um sich heute schon gegen so viele Gegner behaupten zu können.

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