7053847-1991_11_01.jpg
Digital In Arbeit

Serbiens Ruf nach Freiheit

Werbung
Werbung
Werbung

Wirkliche Freiheit, die besonders von den serbischen Medien niedergehalten wird, haben die 50.000 Demonstranten der serbischen Opposition am Samstag, 9. März, in Belgrad verlangt - und Prügel dafür bekommen. Nach offiziellen Berichten wurden bei den schweren Ausschreitungen zwei Menschen getötet sowie mehrere Menschen verletzt. Journalisten sprechen von fünf Toten und über 10 0 Verletzten.

Am Sonntag haben sich mehrere tausend Studenten hinter die Forderungen der Demonstranten gestellt. Sie verlangten den Rücktritt des serbischen Innenministers, die Freilassung der Inhaftierten und eine genaue Untersuchung der Gewaltakte der Polizei. Der serbisch-orthodoxe Patriarch hat sich an die Studenten gewandt und sie zu Ruhe, Vernunft und Vaterlandsliebe aufgerufen. Die Studenten erwiderten ihm, daß er das auch der anderen Seite sagen solle.

In Slowenien glaubt man, daß das jetzige serbische Regime am Samstag einen Bruch erlebt hat, der Anfang des Endes des repressiven Regimes sein könnte. Dieser Samstag - so die Diskussionen in Slowenien-habe einen „rumänischen Beigeschmack”, zeige die Konfrontation zweier Ideologien auf dem Hintergrund der Aussichtslosigkeit der täglichen Armut; er hat, glauben die Slowenen, auch die Maske von den Gesichtern der Generäle gerissen. Früher betonten Armee-Vertreter immer wieder, man werde im Falle von Nationalkonflikten intervenieren. In Belgrad hat man aber Panzer auf die Straßen geschickt, um das Überleben von Regime und kommunistischer Ideologie zu verteidigen.

Man erwartet, daß sich das serbische Regime unter Slobodan Milosevic zwar krampfhaft verteidigen wird, letztlich ab|er nicht überleben kann. Alle jugoslawischen Republiken verfolgen aufmerksam die Ereignisse in Belgrad und stellen sich die große Frage: Was denken die Generäle? In Belgrad ist die Armee nach einem Aufruf Milosevic angetreten, obwohl die Vertreter Sloweniens und Kroatiens dagegen waren.

Milosevic - so wird vermutet -wird bestimmt mit dem Finger auf die „bedrohten” Serben in Kroatien und in Bosnien-Herzegovina zeigen und die nationale serbische Einheit wiederherstellen wollen. In Slowenien und Kroatien ist der Wunsch, ein derartiges Staatsgebilde, wie es Jugoslawien jetzt darstellt, so rasch wie möglich zu verlassen, noch intensiver geworden.

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung